Die erste Woche ist rum

Also von Donnerstag bis Donnerstag betrachtet. Heute vor einer Woche bin ich hier in Hamburg meinen Dienst angetreten. Schon auch mit gemischten Gefühlen. Wie wird es werden, wie wird die Arbeit, das Umfeld sein. Ich bin ja sehr eigenständiges Arbeiten in immer tollen Teams gewöhnt und auch so manche Freiheit habe ich schon genossen. Aber meine Sorgen waren umsonst… es ist zwar ein völlig neues Themenfeld für mich, aber die Arbeit macht total viel Spaß, das Team ist super und auch im ganzen Haus (wo hauptsächlich die Diakonie ihren Sitz hat) wurde ich unglaublich nett aufgenommen und mit meinem Chef verstehe ich mich bestens.

Ich glaube, das wird richtig gut und ich werde auch noch spannende Aufgaben bekommen. Im Moment lese ich viel, mache erste Arbeiten und gehe auch gelegentlich wohin mit, damit die Menschen mich kennenlernen, wie gestern auf dem Seelsorgerkonvent, wo ich dann auch prompt Kirchentagsbekanntschaften wieder getroffen habe :-)

Ein bißchen vermisse ich meinen alten Arbeitsplatz schon, aber die Tatsache, das ich jeden Abend in mein Ehebett plumpsen kann, mit dem Gatten abendbroten und die Katzen immer um mich habe, in meiner Wohnung, meiner Küche bin, das alles wiegt die tolle Arbeit beim Katholikentag unter’m Strich nicht auf.

Ich genieße die Arbeitswege in meiner schönen Stadt, das zuhause sein, alle meinen Krempel um mich zu haben und nicht immer das zu vermissen, was garantiert gerade in der anderen Stadt ist. Ich freue mich über vertraute Wege und das tägliche Zusammensein mit Martin.

Je länger ich hier bin, desto mehr merke ich überhaupt erst, wie stressig die letzten Jahren waren. Ich habe das schon gar nicht mehr wirklich wahrgenommen, aber mir wird immer bewußter, wie schwer das auch oft war.

Auch wenn ich gerade viel neues aufnehmen muß, mich einarbeiten muß, ich fühle mich zwar müde, aber schon um einiges entspannter, zumal ja auch jetzt immer ein wirklich freies Wochenende winkt, an dem ich mich erholen kann. Kein Kilometergeschrubbe mehr, kein auf dem Sprung wieder in die andere Stadt sein. Einfach da sein, miteinander leben, wieder soziale Kontakte pflegen, meine Stadt genießen und nicht schon gedanklich wieder beim nächsten Umzug sein.

Ja, es geht mir gut und ich bin froh, das ich das Glück mit dieser Stelle hatte. Und es ist eben doch nicht umöglich, auch mit 52, es ist auch nicht unmöglich, den Absprung aus HartzIV zu schaffen (mit 40 haben sich mich bei der ARGE für unvermittelbar erklärt), selbst mit kurvigem Lebenslauf, mit Brüchen. Seit über 10 Jahren bin ich diesem Amt nicht mehr auf die Nerven gegangen und vor allem sie mir nicht. Und ich habe mich stetig dahin geackert, wo ich jetzt bin und es ist ein gutes Gefühl, jetzt auch beruflich anzukommen, hier in Hamburg.

Es war ein hartes Stück Arbeit, aber es hat sich gelohnt.

Und da ich nun auch die Muße habe, mal wieder zu lesen, gehe ich jetzt mit meinem Buch ins Bett. Ich finde es ganz wunderbar Der_Gott_der_letzten_Tage_Cover_klein-186x300

Das letzte Abenteuer, das uns bevorsteht: zu sterben. Eigentlich geht es zu weit, davon zu erzählen. Aber genau so weit will Sibylle Knauss mit diesem Buch gehen.

Ein Mann liegt im Sterben. Er weiß, dass er sterben muss. Und er ist vorbereitet darauf. Wer, wenn nicht er? Ein Pfarrer, Sterbebegleiter, Prediger, bekannt für seine wundervollen Grabreden. Doch jetzt, künstlich beatmet, kann er nicht mehr sprechen. »Es hat Gott gefallen, ihn zum Schweigen zu bringen.« Dafür ergreift Gott jetzt selber das Wort und hat ihm einiges zu sagen. Dieser Gott, der da mit ihm spricht, duldet kein Pathos, keine Ausreden, keine Überhöhungen. »Wer bist du«, fragt der Sterbende ihn, »bist du der richtige Gott, der Gott?« – »Ich bin dein Gott«, antwortet er. Und dann geht es zur Sache.

Die Sache, das ist das Leben, das dem sterbenden Mann durch den Kopf rauscht. Seine Lieben, sein Glaube, seine Verfehlungen. Es ist eine sehr, sehr lebendige Sache, zu sterben. Ein großer, spannender Kampf, der auf Leben und Tod, von dem dieses Buch erzählt.

Was geschieht am Ende mit uns? Wie blicken wir auf das Leben, das wir gelebt haben? Die Menschen, die uns verbunden sind? Wie fühlt der Abschied sich an, der endgültig ist? Auch der Abschied von uns selbst? Am Ende, das wissen wir, wartet eine Erfahrung, die alles andere in den Schatten stellt.

Und morgen gehe ich mal gucken, ob ich ein paar Eisschollen an der Elbe knipsen kann, bevor ich mich daran mache, hier Platz für das Umzugsgut zu schaffen, das der Gatte gerade im fernen Münster vorbereitet. Trennung mal andersrum… er in der Zweitwohnung, ich zuhause. Aber es ist das letzte Mal.