Mich macht das wütend

Wenn ich im Fernsehen sehe, dass hier jetzt den Moscheebesuchern dauernd die Mikros unter die Nase gehalten werden, damit sie sich zu dem Konflikt im Nahen Osten äußern. Das grenzt in meinen Augen an Nötigung. Auch an Nötigung zur Distanzierung und das nur, weil sie Moslems sind. Muss sich jeder Besucher eines Gottesdienstes im Kölner Dom von Woelki distanzieren? Ich gebe zu, der Vergleich hinkt etwas, aber es kann doch nicht angehen, dass die Menschen hier nicht mehr in Ruhe für ihre Angehörigen beten können, ohne in einen Rechtfertigungszwang getrieben zu werden.

Eben im Hamburg Journal ist eine Frau laut geworden, weil sie zum Beten wollte, zum Beten um ihre im Gaza Streifen verschütteten Verwandte und da hält man ihr ein Mikro unter die Nase. In Gaza gibt es inzwischen mehr Tote als in Israel (was ich überhaupt nicht gegeneinander aufrechnen will, das wäre pervers), also auch dort unendlich viel menschliches Leid. Und Hamas sind eben nicht unbedingt die Palästinenser und schon gar nicht alle hier lebenden Moslems.

Ich gebe zu, ein paar Äußerungen haben mich auch erschüttert. Vor ein paar Tagen hat eine Frau in die Kamera gelächelt und erzählt, wie sie die Anschläge der Hamas gefeiert haben. Natürlich gibt es auch diese Moslems. Aber jetzt alle in eine Art Rechtfertigungsnotlage zu bringen, gefährdet auch den Frieden in diesem Land. Das hatten wir schon mal, u.a. nach 9/11. Natürlich ist es völlig inakzeptabel, wenn die Hamas heute zur Gewalt gegen Juden überall auf der Welt aufruft.

Banksy

Es gibt unendlich viel Leid auf beiden Seiten und letztlich sind sie alle Opfer von Regierungen und religiösen Fanatikern.

Dagegen halten u.a. Musiker, palästinensische und israelische, die gestern ein gemeinsames Konzert in einer Kirche hier in Hamburg gegeben haben. Das hat mich unglaublich berührt, auch wenn ich nur einen Ausschnitt im Fernsehen gesehen habe.

Im Fernsehen eben wieder verstörende Bilder von riesigen Pro-Hamas Demos im Libanon, Irak und Jordanien. Im Libanon alleine leben ca. 2 Mio. geflüchtete Palästinenser. Es ist für mich überhaupt keine Frage, dass die Hamas barbarisch gegen die Menschen in Israel vorgegangen ist. Ich befürchte, dass das eine Welle von Gewalt, wieder Gegengewalt, eine Welle von Hass und Polarisierung hervorbringen wird, die jedwede Friedensbemühungen (so es sie ernsthaft gegeben haben sollte) um Lichtjahre zurück wirft. Im Moment sorge ich mich aber auch um das friedliche Miteinander in diesem Land. Ich renne ja auch nicht zu meinen Nachbarn (einige davon Muslime) und frage, wie sie zur Hamas stehen und ich denke, wir sollten uns hüten, jetzt alle unter Generalverdacht zu stellen.

16 Anmerkungen zu “Mich macht das wütend

  1. Das Problem bei dieser Art der Berichterstattung (die Interwievs vor der Moschee) ist die Stigmatisierung, die dadurch noch befeuert wird:
    Weil – wie Du ganz richtig schreibst) damit erst mal jeder unter Generalverdacht fällt, nur weil er ganz offenbar islamischen Glaubens ist….
    Und das ist ein fatales Signal, genauso wie die eindeutige Haltung vieler Politiker, sich pro Israels zu äussern und dabei mit keinem Wort zu erwähnen, was die Israelis gerade in Gaza veranstalten- und wogegen mit Recht auch hier Leute auf die Strasse gehen, auch ohne Mitglieder und Unterstützer der Hamas zu sein.

    Wohin das führen wird ist klar:
    Auch hier wird der Gewaltpegel steigen – gegen jüdische Einrichtungen und möglicherweise auch wieder in Formen wie seinerzeit in Berlin am Breitscheidplatz.
    Ja, auch mir macht das Angst, dass dieser Konflikt unweigerlich auch uns hier in Deutschland betreffen wird, um so mehr, je mehr die Lage in Palästina eskaliert. Die Drohungen der Mullahs lassen da nichts gutes ahnen, auch wenn sei sich bisher vor allem gegen Israel richten….
    Und man kann wohl nur beten, dass deren Fanatismus nicht noch die ganze Welt in Brand steckt..

    1. Mir ging es hier erst mal gar nicht um Ursache und Wirkung, sondern um die Art und Weise der Berichterstattung. Wir müssen verdammt aufpassen, dass wir den Hass hier nicht weiter transportieren.

  2. Birte ich stimme Dir zu, man muss immer beide Seiten betrachten und wir kommen nur weiter wenn man gemeinsam nach Lösungen sucht. Es erschreckt mich, dass bisherige no gos so dermaßen mit den Füßen getreten werden. Auch diese unglaubliche Distanzlosigkeit bei vielen Berichterstattungen geht mir gewaltig auf den Senkel. (z.B. der Versuch von Gesichtsnahaufnahmen bei frisch Gelandeten) und das Anspruchsverhalten von vielen. (schwer in wenige Worte zu fassen)
    Viele Grüße Brigitte

    1. Genau darum ging es mir, diese Distanzlosigkeit, das Bedrängen von Menschen, die einfach nur zum Beten gehen wollen, die selber voller Trauer und Verzweiflung sind.

  3. Nein, der Vergleich mit Woelki hinkt nicht. Ich würde ihn sogar noch drastischer formulieren. Muss jede(r) Gottesdienstbesucher:in eine Stellungnahme zu Kindesmissbrauch in der Kiche abgeben? Mal ganz davon abgesehen, dass es auch Palästinenser christlichen Glaubens gibt.

    Bitterer Nachsatz: Wir erleben gerade die nächste Runde einer jahrzentelangen Gewaltspirale.

    P.S. gerade im Netz gefunden, eine historische Zeitleiste der Gewaltspirale

    https://www.spektrum.de/news/nahostkonflikt-ein-jahrhundert-der-feindschaft/2189895

    1. Danke für den Link!
      Ja, es gibt auch palästinensische Christen. Auslöser meiner Wut war nur die Berichterstattung des NDR, der sich vor einer Moschee aufgebaut hatte und den Freitagsgebetsbesucher*innen das Mikro unter die Nase gehalten hat.

    2. Muss jede(r) Gottesdienstbesucher:in eine Stellungnahme zu Kindesmissbrauch in der Kiche abgeben?

      Nein muss nicht … sollte er aber. Um die Kirche zu schützen von das was passiert , muss die Kirche und die Kirchengänger selbst sorgen. So wird es vor allem Glaubwürdigen und schonender für die Spätere Kirche selbst .

      Liebe Grüße czoczo

  4. Moin,
    es gibt immer 2 Seiten einer Medaille. Ich kenne nur die, die in den Medien propagiert wird, also halte ich mich mit meiner Meinung in der Öffentlichkeit (haha, als ob das hier jemanden interessieren würde) zurück. Wie Brigitte schon schreibt, mich regt am meisten die Distanzlosigkeit auf, das man den Leuten hier nicht einmal die Möglichkeit gibt, in Ruhe zu trauern oder zu beten.
    Auch das mit „alle in eine Schublade“ stecken, sehe ich hier öfter. Selbst in unserem Bekanntenkreis (türkische Kurden) kommt das vor und das ist genauso schlimm.

  5. Danke wieder für deine so zutreffenden Worte.
    Du drückst das aus, was ich nicht so gut formulieren kann.
    Ich bin zu tiefst erschüttert über das große Leid auf beiden Seiten.
    Und ich habe ehrlich Angst, was sich daraus entwickeln wird,
    nicht nur für die Israeli und die Palästinenser .
    Der Hass ist so groß, es ist einfach nicht zu begreifen.
    Ich schicke liebe Grüße
    Jutta

    1. Ich habe mich gestern regelrecht erschrocken, als ich den israelischen Verteidigungsminister gesehen habe… dem sprang der Hass aus wirklich jeder Pore.
      Es ist furchtbar, was dort passiert. Das Elend auf der palästinensischen Seite ist in Punkto Versorgung mit Lebensmitteln, Strom, Wasser und medizinischer Behandlung noch um einiges dramatischer.

  6. Ja, so funktioniert heute die Berichterstattung würg.
    Und die unterbelichteten Bürger dieses Landes lassen sich davon beeinflussen und die werden leider immer mehr und selbst dafür können sie ja eigentlich nichts Dank Vater Staat … oder zumindest viele.

    War doch zu Beginn des Russlandkrieges genauso. Meine Nageltante ist Russin und ich habe mich gehütet, sie nach ihrer Meinung zu fragen, obwohl ich mir diese denken konnte.

    Sie hat mir dann irgendwann von selbst erzählt, dass es sie so ankotzt, dass viele Kundinnen sie darauf ansprechen.

    LG Frauke

  7. Seit dem die ersten Raketen auf Israel geflogen sind, war ich Sauer gewesen…
    Nach der Antwort des Israels … bin ich in eine Schock Starre !
    Ich verstehe die Welt nicht mehr!
    Wie sich die Palästinenser füllen können , kann ich mir gut vorstellen.
    Das die Juden sich verteidigen sollen dürfen ist ganz Klar … aber wirklich in solche maßen.
    Am Ende Sterben nur Menschen die nichts mit den Ganzen zu tun haben. Ihre pech ist das Sie dort geboren sind und dort Leben.

    Das WIR aber uns so schnell auf eine Seit gestellt haben, ist schon ein wenig mulmig.
    In Deutschland leben zich Tausend Palästinenser… Die vielleicht der Hamas nicht mal unterstützen. Aber Trauern um Ihre durch Israel in Gasa Streifen getötete. Ihr Trauer verändert sich aber sehr schnell auf Hass … was mit der Zeit wirklich gefährlich sein kann.

    Deswegen, meine Meinung dazu…
    Der Israel hat Recht sich zu verteidigen . Aber es kann nicht die Zivile Bevölkerung Töten NUR weil Sie im Gaza Streifen leben. Sie leben dort weil die Juden Ihre Heimat mit den Zuspruch der Welt übernommen haben. Erst diese Angelegenheit sollte man sauber Lössen … aber dafür war die Welt damals zu Feige. Man hat die Flüchtlinge aus der Gasa zu sich genommen , mit der Hoffnung das sich mit der Zeit alles klären wird. Es klärt sich allerdings nichts … Es entstehen nur weiter Probleme , diesmal aber nicht nur im Gasa aber auch in Deutschland/Frankreich … überall wo Israeliten auf Palästinenser und andere Moslems treffen.
    Es sieht nicht gut an :-(

    1. Ganz so einseitig finde ich die deutsche Haltung nicht. Immerhin hat Olaf Scholz sich dafür eingesetzt, dass Ägypten die Grenzen für Hilfslieferungen öffnet und auch Frau Baerbock hat das Leid der Menschen im Gaza Streifen angesprochen.

Leider keine Anmerkung mehr möglich.