Eigentlich hätten wir gestern ja mal einen Sekt köpfen müssen

Denn endlich sind die letzten Atommeiler vom Netz gegangen. Dafür sind wir jahrzehntelang auf die Straße gegangen, haben staatlich verordnete Duschen qua Wasserwerfer bekommen und sind auch mal von der Polizei eingesammelt worden. Ich im Wendland, wo man uns dann symbolträchtig direkt an der innerdeutschen Grenze mitten in der Pampa „ausgesetzt“ hat. Im Wendland wurde die Polizei ja ganz gezielt auf Krawall gebürstet, in dem man sie Tage vor dem Einsatz kaserniert hat, kaum mit Lebensmitteln versorgt hat (das haben dann teilweise die Demonstranten getan). Es gäbe viel zu erzählen aus diesen Zeiten. In Hamburg waren wir ja förmlich umzingelt: Krümmel, Stade, Brokdorf und Brunsbüttel. Rund um das Kraftwerk in Krümmel sind lange erhöhte Krebsraten festgestellt worden. Natürlich konnte (oder wollte?) man nie nachweisen, dass das Atomkraftwerk dafür ursächlich war.

Gut jedenfalls, dass nun auch der letzte Meiler vom Netz ist. Und schon geht die Mär um, in Deutschland würden nun die Lichter ausgehen und Atomkraft sei ja quasi Öko, weil ach so emissionsfrei. Beides ist schlicht Quatsch.

Atomkraft ist alles andere als emissionsfrei: Atomkraft-keine Rettung für´s Klima

Und nun plärrt ausgerechnet Herr Söder (der als Umweltminister noch mit Rücktritt gedroht hat, sollte der Atomausstieg nicht beschlossen werden), der weder unter seinem weiß-blauen Himmel nach einem Endlager suchen lassen, noch Windräder aufstellen will.
Er hat es schlicht verpennt, sich für erneuerbare Energien auch in seinem Bundesland einzusetzen und das fällt ihm nun halt erwartungsgemäß auf die Füße. Windräder bitte nur im Norden, Fracking bitte nur in Niedersachsen und ein Endlager kommt schon mal gar nicht in Frage. St. Florian, St. Florian…

Der Anteil von Atomstrom hat zuletzt keine 5% ausgemacht, es ist also höchst unwahrscheinlich, dass hier nun die Lichter ausgehen. Das ist einfach populistischer Unsinn.

Und es gibt immer noch keine Endlager-Lösung. Schwach radioaktiv verseuchtes Material landet im Schacht Konrad in Niedersachsen, der alles andere als dafür geeignet ist.

Auch im Fall Schacht Konrad ist es (wie bei der Asse) nur eine Frage der Zeit, wann der eingelagerte Atommüll Kontakt zu Grundwasser führenden Schichten bekommt und strahlende Nuklide in die Umgebung ausgeschwemmt werden.

Bund

So ganz ausgestiegen ist Deutschland übrigens nicht. In Lingen werden weiter Brennstäbe für den Export produziert.

In Lingen werden auch nach dem 15.4. Brennelemente für AKW weltweit hergestellt. Ein großer Teil des dafür benötigten Urans kommt aus Russland. Die Geschäftsbeziehungen der französischen Betreiberfirma Framatome und der russischen Atombehörde Rosatom wurden nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine sogar noch ausgeweitet! Bei Framatome in Lingen sollen mit russischer Lizenz zukünftig Brennelemente für Reaktoren russischer Bauart hergestellt werden. Der zuständige niedersächsische Umweltminister Meyer macht bislang keine Anstalten, die Bevölkerung zu beteiligen oder die Erweiterung zu stoppen. Lingen wird damit zur Drehscheibe der west- und osteuropäischen Atomindustrie! Gleichzeitig machen wir uns damit noch abhängiger vom Kreml und geben Putin noch mehr Geld zur Finanzierung seines Kriegs gegen die Ukraine.

Atomstadt Lingen

Den Sekt haben wir nicht geköpft. Die Meiler sind vom Netz, von den Hinterlassenschaften werden wir und nachfolgende Generationen noch reichlich zehren können.