Bleiben Sie negativ

waren die Abschiedsworte einer der beiden Polizisten, nachdem Sie meine Anzeige aufgenommen hatten. Aber der Reihe nach.

Das Wetter war heute traumhaft, also nix wie raus. Wir wollten zum Hof Eggers, um dort gemütlich Kaffee und Kuchen zu genießen. Vorher sind wir eine wunderschöne Strecke am Elbuferweg entlang gefahren. Blauer Himmel, weidende Schafe, grünstes Gras… einfach herrlich.

Nur die Kippen wurden knapp, also rauf auf die nächste Tanke. Ich bin im Auto geblieben, während der Gatte schnell welche erwerben wollte. Neben mir parkte ein Auto aus und ich dachte noch, na na… da rummste es auch schon und ich hatte die Anhängerkupplung des anderen Wagens in der Fahrertür. Na ja, shit happens. Aber es kam leider dicker. Der Fahrer eines Wagens mit estnischem Kennzeichen wollte partout nicht, dass ich die Polizei rufe. Ich bestand drauf und griff zum Handy. Währenddessen war auch der Gatte wieder da und redete mit dem Fahrer. Der sprang plötzlich in sein Auto und brauste mit Vollgas davon. Zum Glück hatte sowohl der Gatte als auch eine hilfsbereite Zeugin ein Photo vom Kennzeichen gemacht. Die Zeugin meinte, der Unfallflüchtige sei mit einigen Jägermeistern aus der Tanke gekommen und hätte den Eindruck gemacht, als sei er alles andere als nüchtern. Da ich das Kennzeichen hatte, hat die Polizei ihn noch während des Telefonates zur Fahndung ausgeschrieben. Wir mussten erst mal warten, bis die Beamten vor Ort waren und das dauerte.

Er kreiste derweil über unsere Köpfe, leider nicht so ganz fotogerecht, weil immer einen Tick zu weit weg. Die Beamten waren sehr freundlich, haben alles aufgenommen und versprachen die Übersendung des Aktenzeichens. Es gibt vielleicht eine Möglichkeit, den Schaden über den zentralen Notruf der Versicherer zu melden und ihn auch darüber reguliert zu bekommen. Immerhin ist die Tür zerbeult, der Lack ist ab und das dürfte irgendwann fröhlich anfangen zu rosten. Es sieht ja nicht so dramatisch aus und ich bin eh wenig eitel, was den Wagen angeht. Für mich sind Autos Gebrauchsgegenstände, aber da es ein Lack und ein Blechschaden ist, dürfte das ins Geld gehen. Der Polizist murmelte was von 1000 Euro.

Mich hat die Dreistigkeit dieser Fahrerflucht schon halbwegs sprachlos gemacht, aber klar, wenn er gesoffen hatte, ist klar, dass er nicht scharf auf eine Begegnung mit der Polizei war. Ausserdem hing sein Aussenspiegel auf der Fahrerseite schon auf halb acht und dürfte kaum mehr seine Funktion erfüllt haben, er selber hatte einen Arm in Gips, was die Fahrtüchtigkeit vermutlich nicht verbessert haben dürfte.

Der Polizist verabschiedete sich dann mit den Worten: Bleiben Sie negativ :-)

Als ich mich für die freundliche Behandlung bedankte, meinte er, dafür seien sie da, ich würde schließlich Steuern dafür bezahlen. Ich finde, bedanken kann man sich trotzdem.

Nett fand ich übrigens auch, dass zwei Biker mit uns auf die Beamten gewartet haben, um sich als Zeugen zur Verfügung zu stellen. Ebenso wie ein Radlerin, die uns ihre Daten hinterließ.

Wir sind dann weiter, vorbei an blühenden Rapsfeldern

Am Deich dann der nächste Storch

Auf Hof Eggers angekommen hieß es dann Kuchen wird gerade nachgebacken, ist in 15 Minuten fertig. Also erst mal nach den Schweinen geguckt und noch zwei Pflanzen gekauft.

Immer noch kein Kuchen. Also erst mal nur Kaffee. Nach ca. 30 Minuten immer noch kein Kuchen, also habe ich mir eine eher schlechte Currywurst gegönnt. Dann hieß es, der Backofen sei kaputt. Ich kam mir etwas verarscht vor.

Martin wollte sich auch gerne ein Stück Kuchen gönnen

Etwas entnervt sind wir dann wieder Richtung Zuhause. Es zog sich so langsam zu.

Aber trotzdem ein tolles Licht

In Zollenspieker sind wir auf die Fähre und dann nach Hause. Schon unterwegs bekam ich eine Mail mit dem Aktenzeichen. Die hat mich dann allerdings geärgert. Anzeigender war nämlich nun plötzlich Martin. So nett die beiden Polizisten waren, die unsere Anzeige vor Ort aufgenommen haben, aber es ärgert mich trotzdem, wenn ich die ganze Zeit mit dem Polizisten rede, ihm meine Email gebe, ihm erkläre, dass ich am Steuer gesessen habe (der Gatte war in der Tanke Kippen holen), es auf dem Papier mein Auto ist und dann eine Email kommt in der steht, Herr B. hat Anzeige erstattet. Nein, hat er nicht. Frau B. hat Anzeige erstattet. Herr B. war allenfalls Zeuge und hat das Kennzeichen geknipst. Ich war es auch, die die Polizei gerufen hat. Er hat es sicherlich nicht böse gemeint, aber ich konnte mir ein kurzes Dankeschön für die schnelle Bearbeitung mit einem dezentem Hinweis nicht verkneifen. Zumal es auch hieß, Herr Martin B. geborener B. Stimmt nicht, Herr B. ist geborener Herr V. Er hat vor gut 14 Jahren meinen Namen angenommen.

Fähranleger Zollenspieker, ein beliebter Bikertreff

Um 19 Uhr waren wir dann wieder Zuhause. Ein bisschen mit dem Gefühl, ausser Spesen nix gewesen, aber das stimmt so auch nicht. Die Landschaft war ein Traum, das Wetter auch. Es hat etwas geschmerzt, dass wir „nur“ mit dem Auto fahren konnten. Und die Story mit der Anhängerkupplung in der Fahrertür hätte ich so auch nicht haben müssen. Trotzdem war es schön, draußen gewesen zu sein.

Das Wetter hat fast für alles andere entschädigt. Ich ärgere mich tatsächlich weniger über die Beule als dass mich so ein Verhalten irgendwie schier sprachlos macht. Mal abgesehen davon, dass ich es zutiefst asozial finde, anderen Schaden zuzufügen (wie auch immer) und sich dann aus dem Staub zu machen, frage ich mich ernsthaft, wie man so was für sich selber wegsteckt. Ich glaube kaum, dass der auf dem direkten Weg zurück nach Estland war. Ob er jetzt jedes Mal zusammenzuckt, wenn er Polizei sieht? Kann mir ja wurscht sein. Wenn sie ihn überhaupt erwischen, dürfte zumindest sein Promillewert wieder unten sein. Aber Fahrerflucht ist hier auch kein Kavaliersdelikt.

Als wir auf die Fähre warteten, flog plötzlich ein ganzer Schwarm Schwäne an uns vobei, aber ich war nicht schnell genug für gute Bilder

Martin wird sich morgen mal damit beschäftigen, wie wir vielleicht doch irgendwie an eine Schadensregulierung kommen. Da Estland zur EU gehört, ist es nicht ganz aussichtslos.

Und nun hoffen wir mal, das Oma bald wieder fit ist und wir solche Touren auf jeweils 2 Rädern machen können. Darauf freuen wir uns inzwischen schon wirklich sehr. Heute haben wir sogar mal rumgesponnen, eine Tour von Nord bis Süd zu machen. Einmal Hamburg-Füssen und zurück. Irgendwie so. Machbar ist das. Ich bin ja schon mit meinen alten 125er Rollern jeweils nach und von Berlin und nach Münster gefahren. Füssen dürfte also in zwei, maximal 3 Tagen zu erreichen sein. Dann vielleicht noch mal ein bisschen durch Bayern und z.B über Nürnberg zurück. Aber das sind erst mal so Spinnereien ohne konkrete Pläne. Aber so parallel zur A7, durch das Weserbergland, die Rhön usw. ist schon reizvoll.

Für heute reicht das Erlebte.

12 Anmerkungen zu “Bleiben Sie negativ

  1. Also, so weit ich weiß, rechnet der Zentralruf der Autoversicherer nicht ab, gibt aber Auskunft über die Versicherung des Unfallgegners (so er denn eine hat) https://www.zentralruf.de/

    Ich drücke die Daumen und gut, dass es nur das Blech war…

    Liebe Grüße und trotzdem einen schönen Abend Maike/ eule

    1. ja, soweit sind wir auch schon. Als Este muss er eine Versicherung haben. Das ist überall in der EU Pflicht. Es gibt noch den Verein Grüne Karte e.V an den man sich auch wenden kann.
      Stimmt natürlich, es war nur Blech. Er ist mir immerhin in die Fahrertür gekachelt, hinter der ich saß.

    2. Der Zentralruf der Autoversicherungen ist da nicht zuständig, wenn das Fahrzeug nicht in Deutschland zugelassen ist.
      Ansprechpartner ist in dem Fall der Verein Deutsches Büro Grüne Karte.eV, der auch die Abwicklung mit der fremden Versicherung übernimmt und rein rechtlich den selben Stand hat wie eine deutsche Versicherung.

      1. Wieder was gelernt – bei dem Unfall mit Fahrerflucht in Frankreich haben die mir seinerzeit geholfen

  2. Tja, auch wieder so ein Erlebnis, was ich nicht hätte haben müssen.
    Und ich hatte es ja auch irgendwie geahnt, dass der abhauen wollte, nachdem er weder seine Papiere zeigen, noch seine Versicherung nachweisen wollte.

    Aber seis drum:
    Möge er jetzt eine Woche Durchfall haben und kein Klopapier im Haus.

    Und was die Schadensregulierung angeht, so wird sich die wohl auch finden.
    Das Geld (denn die Autotür geht ja noch und um den Wiederverkaufswert müssen wir uns auch keine Sorgen machen) könnten wir dann in Sprit für eine laaange Rollertour umsetzen …. nur mal so grob gedacht.

    1. Der Wiederverkaufswert unserer Karre dürfte ungefähr so liegen, dass so ein Schaden für die Versicherung schon fast einem wirtschaftlichen Totalschaden nahe kommt :-)

  3. So schade, dass euch dieser schöne Tag ein solch mieses Erlebnis beschert hat. Das Wichtigste ist, dass dir nichts passiert ist, Birte.
    Und jetzt drück ich ganz fest die Daumen, dass die Schadensregulierung erfolgreich und positiv für euch sein wird.

    1. Wie gesagt, die Beule im Auto… nun ja. Was mich mehr geärgert hat, war die Dreistigkeit und ausserdem hat uns das Ganze auch viel Zeit gekostet.Und jetzt haben wir die Rennerei mit der Schadensregulierung. Der hatte zum Glück kein Tempo drauf. Ansonsten ja nicht so witzig, wenn einem einer in die Fahrertür kachelt, während man als Fahrerin im Auto sitzt.

  4. Ich bin so froh, dass Euch nichts passiert ist. Der Rest ist über die Maßen ärgerlich, aber doch irgendwie regelbar – auch wenn man das nicht haben muss und vergnügungssteuerpflichtig ist das mit Sicherheit auch nicht.
    Leider prägen sich solche dreisten Dinge sehr schnell ein und man übersieht darüber die viele auch positiven Anteile, von denen Du ja auch geschrieben hast.
    Ich wünsche Euch sehr, dass es bald nur noch eine blasse Erinnerung ist.

    1. An dem Vorfall selber kann ich nichts positives finden. Wir haben uns davon nur nicht gänzlich den Tag versauen lassen. Wir hatten ja schon öfter so reizende Geschichten… Nummernschild geklaut, Scheibe eingeschlagen, Beule auf dem Parkplatz eines Vogelparks ins Auto gefahren (und auch abgehauen). Ich musste das Auto komplett neu zulassen, als sie mir das hintere Nummernschild geklaut hatten. Das war nicht billig. Ob das hier ohne finanzielle Verluste für uns regelbar ist, werden wir sehen. Auf alle Fälle haben wir ordentlich Arbeit damit. ich halte mich an solchen Erlebnissen nicht fest, aber ärgern tut es mich trotzdem. Würde mich ja mal interessieren, ob sie ihn kriegen. Aber ob ich das je erfahre.. und letztlich habe ich auch nix davon. Ich finde allerdings Alkohol am Steuer das allerletzte. Aber selbst wenn sie ihn kriegen, ist er bis dahin vermutlich wieder nüchtern.

      1. Es ist insgesamt ärgerlich und viel Arbeit etc. Das ist schon klar. Mit positiven Aspekten meinte ich jetzt nicht, dass er Euch reingefahren ist, aber z. B. dass da jemand dageblieben ist, um eine Zeugenaussage zu machen. Hat ja auch Zeit gekostet. Zumindest sind das Zeichen, dass es auch Menschen gibt, die sich um das Wohl der Anderen sorgen.

        1. Ja, das stimmt natürlich. Mich zieht das nun auch nicht runter… solche Menschen gibt es halt und ich sage ja immer, alles kommt irgendwie irgendwann zu einem zurück. Ich ärgere mich über solche Zeitgenossen, aber die wird es immer geben und ich lasse mir von solchen Vollidioten nicht das Leben vermiesen. Ich erlaube mir, mich kurz darüber aufzuregen und dann ist es gut. Das mit dem Nummernschild hat mich mehr geärgert. Wir leben hier in einem eher armen Stadtteil und es gibt hier sicherlich viele Menschen, die ihr Auto brauchen, aber nicht mal eben über 100 Euro berappen können, um den Wagen neu zuzulassen. Solche Menschen trifft sowas ungleich härter als mich. Und das macht mich schon auch wütend. Man sollte allerdings nicht denken, dass Vandalismus Diebstähle in anderen Stadtteilen seltener vorkommen.

Leider keine Anmerkung mehr möglich.