Wie gewonnen, so zerronnen

Na ja, nicht ganz, aber ich habe doch geschluckt, als ich gestern meine Gehaltsabrechnung für September bekam. Da habe ich nun also die 300 Euro Energiepauschale bekommen. Soweit, so gut. Aaaaber… ich habe auf die Summe dann auch mal gleich über 100 Euro Steuern abdrücken dürfen. Sprich, ein Drittel des Geldes ist weg. Na wenigstens haben sie nicht auch noch Sozialabgaben drauf erhoben. Aber ansonsten scheint das ähnlich beschissen besteuert zu werden, wie andere Sonderzahlungen. Von meinem Urlaubs-und Weihnachtsgeld bleibt ja auch max. die Hälfte dessen, was mir brutto gezahlt wird.

Das ist natürlich ein Stück weit Jammern auf hohem Niveau, denn immerhin bekomme ich Urlaubs-und Weihnachtsgeld sowie regelmäßige Tariferhöhungen. Trotzdem ärgert es mich jedes Jahr, dass der Staat immer kräftig zulangt, wenn es um Sonderzahlungen geht. Und nein, ich kriege das nicht über den Lohnsteuerjahresausgleich zurück. Und ich gehöre auch nicht zu denjenigen, für die es keine Rolle spielt, ob es diese Sonderzahlungen gibt oder nicht.

Nun trifft es mich bzw. uns nicht so hart, aber was ist mit denen, die wirklich auf diese 300 Euro angewiesen sind? Ich glaube, wenn mir das Wasser bis zum Hals stünde, würde ich mich mittelschwer verarscht fühlen. Immerhin bekommen die, die wenig Steuern zahlen, auch mehr von den 300 Euro, aber das Gehalt alleine sagt ja nichts darüber aus, wie viele Menschen davon leben (müssen). Darüber mag die Steuerklasse leidlich Auskunft geben, aber ich verstehe nicht, warum man so einen Betrag nicht brutto für netto auszahlen kann. Das ging bei Coronaprämien doch auch.

Natürlich bin ich auch dafür, dass Menschen mit hohen Einkommen wenig bis gar nicht unterstützt werden, aber ich frage mich bei dieser Zahlung tatsächlich, ob Kosten und Nutzen da im Verhältnis stehen. Für die, die die volle Summe bekommen und auch brauchen, steht der Nutzen natürlich an erster Stelle. Und die Kirchen haben zumindest angekündigt, dass sie Mehreinnahmen an die weitergeben, die es dringend brauchen. So spende ich also indirekt (als Kirchensteuerzahlerin), aber das ist natürlich absolut okay.

Wir sind auf das Geld nicht wirklich angewiesen, zumal wir hier ja kaum Heizkosten haben und mehr für den Betrieb der Anlage zahlen, als für das Heizen selber. Es war damals mehr oder weniger Zufall, dass wir in diese Passivhauswohnung gezogen sind. Heute ist das nicht nur aus ökologischen Gründen ein wahres Glück.

Und die, die jetzt unter den zusätzlichen massiven Belastungen leiden, tun das nicht einmalig, sondern müssen jeden Monat zum Teil horrende Abschläge für Strom und Gas aufbringen. Zum Teil sind die Nebenkosten inzwischen höher als die Kaltmiete.

Vor höheren Stromkosten sind wir hier aber genauso betroffen wie alle anderen. Noch ist da nix gekommen. Das bleibt spannend. Genauso wie nun die gestern beschlossenen Deckelungen umgesetzt werden. Hoffentlich nicht so dilettantisch wie die Spritpreisbremse, bzw. dieser komische Zuschuss. Das Herr Lindner bei allem mitreden kann, ist der Sache leider nicht sehr förderlich. Und wenn ich Herrn Merz aus dem oppositionellen Off quaken höre, kommt mir eh regelmäßig der Kaffee wieder hoch, genauso wie bei Herrn Söder. Der will immer nur auf Kosten anderer, aber wehe, jemand kommt auf die Idee, auch in Bayern nach einem atomaren Endlagerstandort zu suchen oder dort Windräder aufzustellen oder fracking betreiben zu wollen.

Es gäbe noch viel zu schreiben über all das, was gerade passiert. Das passiert hier im Blog immer seltener, was aber nicht daran liegt, dass ich mir keine Gedanken mache oder nix lese und nix höre. Im Gegenteil. Nur fällt es mir immer schwerer, darüber auch zu schreiben und letztlich denke ich dann auch, dass sich jeder so seine eigenen Gedanken macht und meine da nicht zwingend relevant sind.

Bisher haben wir die Krisen in den letzten Jahren ja ganz gut überstanden, aber wir kennen durchaus auch andere Zeiten. Ohne das ich je an sowas wie einer Karriere gearbeitet habe, bin ich heute dann doch ganz gut versorgt im Job, nicht nur monetär. Das sah nicht immer so aus, dass ich das mal schaffen könnte und würde, es war ein hartes Stück Arbeit aus der Krankheit raus in ein Leben, wie ich es heute führen kann.

Morgenstimmung bei uns auf der Insel

Das aber hat mir wohl ein hohes Maß an sog. Resilienz beschert, wie es so schön heißt. Die hilft mir dann doch sehr. Ein bisschen auf der Strecke geblieben ist wohl mein alter Kampfgeist. Wo habe ich mich früher alles engagiert… dazu fehlt mir heute die Puste. Und ich frage mich, warum das so ist. Werde ich alt? Müde? Sicherlich nicht gleichgültig.

Es gibt viel sozialen Zündstoff und ich fürchte, wenn immer mehr Menschen nicht mehr wissen, wie sie ihre Wohnkosten stemmen können, dann fliegt uns hier einiges um die Ohren. Und ich werde trotzdem nicht auf Demos gehen, auf denen es den Veranstaltern gleichgültig ist, mir wem sie da Seit an Seit auf die Straße gehen und auf denen die Rechten der unsäglichen Frau Wagenknecht huldigen. So geschehen u.a. in Leipzig. Es geht auch anders, wie sie in Erfurt gezeigt haben.

So, reicht für heute. Ich muss noch arbeiten und hoffe, dass ich mir heute nachmittag endlich mal wieder die Kamera schnappen kann. Die Woche hatte es ganz gut in sich und ich brauche dringend etwas Entschleunigung in der Natur.