Müde

Ich bin froh, wenn in 2 Wochen mein Weihnachtsurlaub beginnt. Ich bin müde und erschöpft. Uns alle hat das Jahr vermutlich über Gebühr angestrengt und ich merke, das ich mich gerne auch mal Zuhause verkriechen würde, anstatt jeden Tag arbeiten zu müssen. Eine Arbeit, in der mir Corona permanent begegnet. Die Situation in den Krankenhäusern wird täglich angespannter und das bekomme ich ja über die Seelsorger*innen dort tagtäglich mit. Und ich merke auch eine permanente Anspannung im Büro. Zwei Kollegen sind bereits an Corona erkrankt ( einer hat auch seinen Mann angesteckt, der unter Parkinson leidet und gerade operiert worden ist, zum Glück haben beide es wohl ganz gut überstanden, aber wirklich wissen tue ich das nicht), ein anderer ist gerade unter Verdacht und mit dem hatte ich noch vorgestern relativ engen Kontakt. Ich bin jetzt nicht in Panik, aber es ist halt so eine permanente Anspannung, die wir wohl alle spüren. Die einen, weil sie kaum noch raus können oder wollen, die anderen, weil sie raus müssen.

Mich stört es nicht, dauernd mit Maske rumlaufen zu müssen, das tut selbst meine Mutter klaglos, die unter schwerer COPD leidet. Aber ich habe schon auch Angst, mich selber anzustecken. Ich bin nicht krank, aber ich bin sehr dünn, habe eine eh geschädigte Lunge (ja ja, ich weiß, selbst Schuld) und bin auch Mitte 50, wobei das Alter ja kaum noch eine Rolle spielt. Ich erlebe tagtäglich, wie Menschen auch mit den Spätfolgen kämpfen und es macht mich nur noch wütend, wenn Menschen meinen, das sei nur eine Grippe. Gegen die bin ich geimpft, davor habe ich keine Angst. Bis ich dran bin, mich gegen Covid impfen lassen zu können, wird es dauern. Selbst Martin steht wohl auf Stufe 4 oder so, trotz seines Alters und trotz seiner diversen chronischen Erkrankungen.

So schnell, wie wir im Frühjahr den Laden dicht gemacht haben, so zögerlich geben sich beide Chefs jetzt und mich nervt es nur noch. Die meinen, sie sind in ihren Büros ja sicher. Meine Kollegin und ich sind aber auch im Haus unterwegs, sind mehrfach täglich in der Poststelle und und… und meine Kollegin fährt mit der Bahn, was die Herren Chefs natürlich nicht tun. Ich auch nicht, aber ab nächster Woche fällt Auto auch flach, weil der halbe Stadtteil zur Anwohnerparkzone wird. Das finde ich ja im Prinzip gut, würde es mir auch für unsere Straßen hier wünschen, aber für mich heißt es, dass ich dort keinen Parkplatz mehr finde, wo ich den ganzen Tag stehen kann. Meistens fahre ich ja eh Roller, aber wenn es friert, geht auch das nicht mehr. Bis null Grad und auch drunter fahre ich ja, vorausgesetzt, es ist trocken.

Wenn es nach mir ginge, sollte es einen totalen Lockdown geben, anstatt dieses Rumgeiers. Vielleicht hätten wir dann eine Chance, dass die Zahlen runter gehen. So jedenfalls wird das wohl nix und das dicke Ende kommt dann nach Silvester. In Hamburg steigen die Zahlen auch heftig und ich hoffe, man pennt hier nicht so lange, wie z.B. in Sachsen. Der Herr MP meint ja, „man habe das Virus unterschätzt“. Nein, nicht „man“, Herr Kretschmer, SIE haben es unterschätzt.

Bisher habe ich ja eine relativ hohe Meinung von unserem Bürgermeister, der ja auch Mediziner ist.

Ich bin einfach etwas durch, bin auch lustlos zu irgendwelchen Unternehmungen und Aktivitäten, die ja durchaus noch möglich wären.

Martin ist gerade im MRT, weshalb ich heute mal alleine gegessen habe. Er wird sich dann später die Pizzareste einverleiben. Die gab es gestern auf Wunsch des Geburtstagkindes. Ich habe mir heute Nudeln mit Tomaten-Pecorino-Sauce und Garnelen gemacht. Garnelen sind so gar nicht des Gatten Ding. Ich esse sie ab und an ganz gerne. Schön in Olivenöl und mit vieeeel Knobi

Natürlich dann noch frischer Parmesan drüber… lecker. Und jetzt bin ich schon wieder so müde, das ich glatt ins Bett gehen könnte.

Bitte nicht falsch verstehen, ich beklage mich nicht, es geht uns ja nun wahrlich nicht schlecht und wir haben verhältnismäßig wenig auszustehen. Ich merke nur, dass die permanente Anspannung und das dennoch funktionieren müssen, einfach schlaucht. Wie mag es da erst denjenigen gehen, die irgendwo den ganzen Tag an einer Supermarktkasse sitzen, die sich um die Alten und Kranken kümmern. Und denen, denen gerade alles wegbricht… wie gesagt, dagegen geht es mir wirklich gut, aber wenn ich eins im Leben gelernt habe, dann dass es keinen Sinn macht, sich selber nicht ernst zu nehmen, weil es immer jemanden geben wird, dem es schlechter geht. Noch kann ich das für mich auch alles händeln und wenn ich es nicht mehr könnte, dann müßte ich mir halt Hilfe holen. Das ist aber nicht nötig.

Ich warte jetzt noch auf den Gatten, aber ich plumpse dann wohl auch bald ins Bett. Ich könnte im Moment nur schlafen… und das Weckerklingeln um 5.30 Uhr ist für mich gerade hart, auch wenn ich sonst kein Probleme damit habe, früh aus den Federn zu müssen.