Alarmzeichen?

Es treibt mich mächtig um, dass wieder Asylbewerber-Heime brennen. So gerade in Leipzig-Grünau geschehen. Und fast exakt 30 Jahre nach Rostock-Lichtenhagen faselt der sächsische Innenminister von Alarmsignalen. Nein, das sind keine Alarmsignale. Die sind alle geflissentlich überhört und übersehen worden.

Gerade in Sachsen hat man über Jahrzehnte versäumt, sich dem rechten Terror zu stellen. Statt dessen hat man verharmlost, was das Zeug hielt. Ich habe es selber damals in meiner Zeit dort erlebt.

Und was tut Herr unsäglich Kretschmer

Mal abgesehen davon, dass es ja gut wäre, wenn die Grünen schneller an ihre Klimaziele kommen, wer hat denn so ziemlich alles verschlafen?

Ich gehe davon aus, dass sich hier keiner der ach so betroffenen Politiker hat blicken lassen. Genauso wenig haben vermutlich trällernde Schlagersternchen bei einem Konzert unweit der Unterkunft auch nur ein Wort darüber verloren. Würde ja auch die heile Schlagerwelt stören. Aber man regt sich ja lieber über ein vermeintliches Winnetou-Verbot auf, auch wenn es das gar nicht gibt. Ich verlinke auch hier gerne mal einen wirklich guten Artikel zum Thema: Winnetou und die beschränkte Gesellschaft. und auch noch einen zweiten: Der erfundene Shitstorm: Chronologie eines Medienversagens.

Leider lesen die, die es nötig hätten, den vermutlich nicht. Gegen Rassismus und Hass und Gewalt könnte man ja was tun.

Es ist aber nicht nur Ausländerfeindlichkeit, die mir Sorgen macht. In Münster ist ein Mann gestorben, weil er dazwischen gegangen ist, als es zu verbalen Angriffen auf Teilnehmer des CSD gab:

Wir wünschen seiner Familie, seinen Freund*innen viel Kraft und hoffen, dass sein Tod nicht umsonst war und die Gesellschaft endlich anfängt Queerfeindlichkeit als echtes gesellschaftliches Problem, das zum gewaltsamen Tod von Menschen führt, zu erkennen.

Zum Tod von Malte C.

Malte C. schritt verbal ein, als andere Teilnehmer*innen des CSD in Münster auf übleste Weise queerfeindlich und sexistisch beleidigt wurden. Der Täter schlug ihn darauf hin mehrmals. Ein Faustschlag ins Gesicht war so heftig, dass er mit dem Kopf auf den Boden aufschlug und bewusstlos wurde. Malte wurde ins Krankenhaus gebracht, aber die Ärzte konnten sein Leben nicht mehr retten.

Mit nur 25 Jahren musste Malte sterben, weil es Menschen gibt, die queere Menschen hassen.

Vielfach war in den letzten Wochen und Monaten in den Kommentarspalten zu lesen, der CSD sei überflüssig, da würde sich nur eine Minderheit in den Mittelpunkt drängen wollen.

Wie wichtig der Pride-Month und die CSD sind, dass es eben nicht darum geht, dass eine Minderheit einfach nur Aufmerksamkeit will, sondern täglich mit solchen Angriffen rechnen muss, zeigt der Tod von Malte C.

Noch immer wird queerfeindliche Hasskriminalität und Gewalt in kaum einem Bundesland erfasst. Nur Berlin erfasst sie als solche in der PKS und lediglich Bremen und Hamburg führen gesonderte Statistiken. Alleine aus diesen drei Stadtstaaten sind die Zahlen mehr als erschreckend und steigen seit Jahren an. Die Dunkelziffer wird auf mindestens 90% höher geschätzt. Viele Betroffene wenden sich nicht an die Behörden, weil sie auch da Diskriminierung erfahren haben.

Immer noch versuchen sich 7mal mehr queere Jugendliche umzubringen, weil sie in Schule, Ausbildung und Elternhaus Ablehnung und Diskriminierung erfahren.

Malte C. ist gestorben, weil er gegen all das demonstrieren wollte.

Wir kannten Malte nicht und doch trauern auch wir um ihn.

Steife Brise-Die Wahrheit über Aalsuppe

Wenigstens ist hier inzwischen ein Tatverdächtiger gefasst. Ob es der Täter ist, wird sich zeigen.

Und an den Herbst mag ich gar nicht denken, wenn Nazis, Querdenker und Reichsbürger zum Protest gegen die gestiegenen Energiepreise aufrufen und ich hoffe, andere Kräfte, wie die Linke, die das ebenfalls vorhaben, achten gründlichst darauf, mit wem sie Seite an Seite auf die Straße gehen.

Aber solange da eine Frau Wagenknecht mit rumquarkt, werde ich mich auch an solchen Protesten nicht beteiligen, auch wenn ich durchaus befürchte, dass sämtliche vermeintliche Entlastungen nicht die treffen, die sie am dringendsten brauchen.

So, dazu musste ich mal was schreiben. Mir macht das schon Sorge. Nichts desto Trotz machen wir uns jetzt auf ins mecklenburgische. Der Nudelsalat ist fertig, die Akkus sind geladen. Es kann also losgehen.

20 Anmerkungen zu “Alarmzeichen?

  1. Tja, das war irgendwie alles so absehbar – was die Sache nicht besser macht.

    Und wenns dann auch noch Politiker wie unseren Hamburger CDU-Häuptling gibt, der völlig schmerzbefreit einen ehemaligen AFD-Häuptling in die Reihen seiner Partei aufnimmt und dabei was von Integration schwafelt…… dann wundert mich schon fast gar nichts mehr.
    Zumal der Ex-AfD-Häuptling sich in keiner Weise von dem distanziert, was er früher an rechten Inhalten auf offener Bühne selbst propagiert hat….

    Kurz und gut:
    Da wäre keine Integration nötig, sondern eine Überdeutliche Abgrenzung aller politischen Parteien vom rechten Spektrum und an manchen Stellen sicher auch eine konsequentere Anwendung dessen, was unsere Gesetze in Sachen Volksverhetzung usw. heute schon bieten….
    Auch gegenüber Politikern, die dazu Beihilfe leisten, indem sie das verharmlosen und runterspielen was gerade passiert.

    1. Die Aufnahme dieses AfD Gockels ist in der Tat unsäglich. Dem Hamburger CDU Chef bläst zumindest ordentlich Gegenwind entgegen. Wäre nicht ganz verkehrt, wenn ihn das sein Amt kostet.
      Mal sehen, was in Thüringen passiert, sollte die AfD dort wirklich stärkste Partei werden, wie die Prognosen behaupten. Wäre ja auch nicht das erste Mal, dass dort ein Politiker umkippt, nur um an die Macht zu kommen.
      Ich hatte ja gehofft, dass wenigstens die Niedersachsen diesen braunen Haufen wieder abwählen, sieht aber leider nicht so aus. Das haben die Schleswig-Holsteiner besser hingekriegt.

  2. Mich beschleichen immer häufiger Ängste. Besonders, wenn solche Dinge wie die Winnetousache eskalieren, aufgeheizt durch gezielte Falschmeldungen nicht nur der Blöd. Beste Beispiel gerade das aus dem Zusammenhang gerissene Zitat einer Rede unserer Außenministerin.
    Die Verfolgung rechter Straftaten wird in unserem Rechtssystem leider nicht so konsequent verfolgt wie das von linken Gruppierungen, aber das ist ja nichts Neues. Gestern in der Abendschau gab es einem Beitrag über die Anhörung der Anschläge gegen Initiatoren von Aufrufen gegen Rassismus und gegen die AfD. Zu sehen war der Buchhändler unseres Vertrauens, Herr Ostermann, der eine entsprechende Lesung in seinem Laden abhielt und in Folge eingeschlagene Fensterscheiben in der Buchhandlung und nacheinander zwei abgefackelte Autos zu beklagen hatte. Seine große Sorge war, dass er seine private Adresse preisgeben müsste, denn im Gremium der Anhörung saß auch ein Mitglied jener unsäglichen Partei. Ausnahmsweise musste er das nicht. Herrn Ostermann und auch anderen geht es hauptsächlich darum, warum die Justiz so versagt hat.
    https://www.ardmediathek.de/video/Y3JpZDovL3JiYi1vbmxpbmUuZGUvYWJlbmRzY2hhdS8yMDIyLTA5LTAyVDE5OjMwOjAwXzFiNTE0MjM2LWNiOWQtNGQ1ZS1hYjEyLWMxNjU4MTI3YmZlNi80/
    Ich hoffe der Link funktioniert, falls euch der Beitrag (3Minuten) interessiert. Ansonsten ARD Mediathek>Abendschau 2.9.
    Liebe Grüße und ein schönes Wochenende in MP,
    Elvira

    1. Diese unsägliche Kampagne gegen Frau Baerbock verfolge ich auch mit Sorge. Da mischt leider auch Frau Wagenknecht munter mit, aber eben auch die Blöd, die WELT und die AfD sowieso.
      Wir wollen jetzt los, aber den Beitrag gucke ich mir Morgen Abend an, wenn wir wieder zurück sind.

  3. Liebe Birte, obwohl ich ja nicht so die virtuelle Umarmerin bin, muss ich das dieses Mal sein. Danke für deinen Artikel, die beiden Links habe ich mal aufgerufen, aber die kannte ich sogar ausnahmsweise mal schon.
    Es würde und wird mir auch hoffentlich nie einfallen, gegen Schutzsuchende in unserem Land zu protestieren oder sogar gewalttätig zu werden, denn das ist nicht meine Mentalität, Sprachlich kann ich schon mal laut werden, wenn ich ernsthaft wütend bin – aber damit hat es sich dann auch schon.
    Und noch viel weniger gegen Leute, die nicht die am häufigsten vertretene Sexualrichtung praktizieren, sondern eben schwul, lesbisch oder trans sind – sie schaden niemandem, lieben anders. In der Politik gibt es immer mehr davon – doch die werden offenbar in Ruhe gelassen – der Mob tobt sich auf Veranstaltungen wie dem CSD oder ähnlich aus.
    Es ist an manchen Stellen einfach nur noch zum Kotzen – pardon!
    Manche Medien sollte man einfach verbieten oder nicht lesen, aber dazu hat die Blöd einen viel zu großen Einfluss und auch viel zu viele Leser.

    1. Danke für die Umarmung. Leider wird dieser Hass von Blöd-„Zeitung“ und Co. mächtig angeheizt. Auch die asozialen Medien leisten da ihren Beitrag. Da kann sich der Mob ja auch relativ ungestört austoben, ohne das was passiert.

  4. Hallo Birte,

    Münster ist eine weltoffene Stadt, mit einem hohen Anteil, an Einwohnern mit Migrationshintergrund. Auch ist sie sehr tolerant. Und so wundert es nicht, das es hier sogar eine „Quere Kirchengemeinde“ existiert. Der richtige Ort also, um eine Demo zum CSD durchzuführen.
    Alle die ich kenne sind bestürzt, über den Todesfall Malte C. Auch wenn ihn von uns keiner persönlich kannte. Es ist gut das der mutmaßliche Täter festgenommen werden konnte.
    Die Zeitungen hier sind übrigens voll von dieser schrecklichen Tat. Das der CSD überflüssig sein soll habe ich nicht darin gelesen.

    Ich wünsche dir einen schönen Samstag.
    Liebe Grüße
    Trude

    1. Ich kenne Münster ganz gut, ich habe da 2017/2018 kurz gewohnt und gearbeitet. Immerhin hatte die AFD damals unter 5%

      Es ist leider oft zu lesen, dass der CSD überflüssig sei. Man muss dazu nur Leserbriefe angucken oder in den asozialen Medien unterwegs sein

        1. Es ist ja auch jemand zu Tode gekommen, der Zivilcourage gezeigt hat und dazwischen gegangen ist. Es gibt sie, die Menschen, die sich einmischen. Fragt sich nur wie lange noch, wenn man sich damit solchen Gefahren aussetzt.

  5. Danke für deine Gedanken und interessanten Links, die ich teilweise auch schon in der Sammel-Liste habe. Bei einem Absatz regt sich, nein, nicht Widerstand, aber … Du schreibst:

    „Und an den Herbst mag ich gar nicht denken, wenn Nazis, Querdenker und Reichsbürger zum Protest gegen die gestiegenen Energiepreise aufrufen und ich hoffe, andere Kräfte, wie die Linke, die das ebenfalls vorhaben, achten gründlichst darauf, mit wem sie Seite an Seite auf die Straße gehen.“

    Ich hoffe wirklich, dass Linke, so sie denn zum Thema Energie auf die Straße gehen, es sich verkneifen, gegen die steigenden Preise zu demonstrieren. Dass die Preise steigen, tut uns individuell natürlich weh, ist aber in der Sache völlig richtig, solange die Energie noch teilweise aus fossilen Quellen kommt.
    Wofür in diesem Kontext von links demonstriert werden muss, ist, dass es Entlastungen gibt, die endlich mal da ankommen, wo sie gebraucht werden, statt wie sonst üblich da, wo sie nur zu weiterer Verschwendung animieren.

  6. Bei sowas fehlen mir immer die Worte – selbst für einen Kommentar. Und nur wiederholen, was Du schon geschrieben hast, möchte ich nicht. Aber Sorgen machen wir uns auch – insbesondere wegen der brenzligen Lage. Die steigenden Preise tun weh, kriegen wir aber schon irgendwie gebacken. Und mal einen kalten Tag/Macht werden wir schon aushalten. Aber der Rest?

      1. Gewinnen wird aller Wahrscheinlichkeit nach der Amtsinhaber Van der Bellen, aber erschütternd, was da für Kandidaten antreten. Der eine hat verkündet, er wird sofort die gesamte Regierung entlassen und ein Referendum für den Austritt aus der EU ankündigen. Fast lauter Figuren aus dem rechtesten Lager, keine einzige Frau ….

Leider keine Anmerkung mehr möglich.