Demo mit Beifang

Auch wir haben uns gestern auf den Weg in die Stadt gemacht, zur großen Demo gegen den Krieg. Die Auftaktkundgebung war am Jungfernstieg und während der vielen Reden, von denen wir eh nix verstanden haben, weil wir zu weit weg von der Bühne waren, habe ich dann mal die Kamera bemüht.

Die Leute strömten zu Wasser und zu Lande, wir auch das letzte Stück mit der S-Bahn.

Von dem Massenandrang ließ sich dieser Haubentaucher nicht beeindrucken.

Guten Appetit

Gefressen werden muss ja schließlich

Für uns war klar, dass wir nicht würden mitlaufen können, da das für Martin einfach unmöglich war, aber wir wollten wenigstens am Jungfernstieg dabei sein.

Es war rappelvoll und als sich der Demozug in Richtung Aussenalster in Bewegung setzte, war das schon ein beeindruckendes Bild.

Das Ausstellungsplakat passt ja

Redner*innen waren eine junge Ukrainerin, die zweite Bürgermeisterin von Hamburg, die Bischöfin des Sprengels Hamburg und die Sozialsenatorin. Aber wie gesagt, wir waren zu weit weg von der Bühne, was aber auch nicht weiter schlimm war.

Der historische Alsterdampfer St. Georg

Das Auto hatten wir an der Rindermarkthalle geparkt, wo wir dann auf dem Rückweg noch unsere Wocheneinkäufe erledigt haben. So war es ein Tag mit Demo, vielen Photos, viel Sonne (aber kalt war es trotzdem und das macht dem rheumatischen Gatten immer schwer zu schaffen).

Die U-und S-Bahnen waren unangenehm voll, aber wir haben nicht einen Menschen ohne Maske gesehen, auch auf der Demo nicht.

Kann ich etwas tun? Nein, kann ich nicht. Es hilft wenig, wenn ich Geld für die Ukraine spende, was ich trotzdem mache. Es hilft nichts, wenn 150 Radiosender „Give peace a chance“ spielen. Es hilft auch nichts, wenn wir uns in Kostümen mit 250.000 Menschen in Köln versammeln, um für den Frieden zu demonstrieren. Dadurch lässt sich ein zu allem entschlossener Tyrann nicht beeindrucken. Das ist dem scheissegal. Und wenn er merken sollte, dass seine Eroberungspläne sich nicht so einfach verwirklichen lassen, wie er sich das vorgestellt hat, dann kann es gut sein, dass er dann wenigstens als derjenige in die Geschichte eingehen will, der den Westen zerstört hat. Dass dabei sein Volk ebenfalls draufgeht, ist dem egal, wie jedem Selbstmordattentäter.

Heinrich Schmitz in Die Kolumnisten (lesenswert, wie ich finde)

So ähnlich geht es uns auch, aber einfach nichts tun ist auch keine Alternative. Also haben auch wir gespendet und werden uns weiter an Protest-und oder Solidaritätsdemos beteiligen, auch weiter spenden oder gucken, ob wir hier vor Ort helfen können, wie wir es auch 2015 getan haben.

Irgendwo haben wir auch sicherlich noch Buttons mit Friedenstauben und entsprechenden Aufdrucken, mal Dauerausstattung an den Klamotten in den 80ern. Auch damals haben wir mit riesigen Demos nichts verhindert, wenn wir ehrlich sind. Der Nato-Doppelbeschluss kam, das Ende der Atomkraft kam durch Fukushima. Wobei ich nicht so weit gehen würde, zu sagen, Demos sind grundsätzlich wirkungslos.

Eine Taubenfreundin, die auch unbeeindruckt von den Menschenmassen um sie herum ihre gefiederten Freunde fütterte. Das ist in Hamburg verboten und kann richtig teuer (bis zu 5000 Euro) werden, aber die Ordnungshüter waren ja anderweitig beschäftigt.

Heute wollen wir mal mit der Drohne raus. Martin hat noch einen UV-Filter gekauft, mit dem die Bilder besser werden sollten. Noch aber lockt das Wetter nicht wirklich raus.

Und einen guten Ort haben wir auch noch nicht ausgemacht.

Sich abzulenken, muss einfach auch mal sein. Anders hält man die permanent furchtbaren Nachrichten wohl nicht aus.

Vielleicht können wir ja die Vitamin-D Speicher heute noch mal etwas auffüllen.

Wie auch immer, ich wünsche Euch einen friedvollen Sonntag, trotz all der schrecklichen Nachrichten.

Ein kleines Zeichen

gegen den Krieg. 2.500 Hamburger*innen haben sich gestern Abend auf dem Rathausmarkt versammelt und gemeinsam gesungen. Imagine, We shall overcome, Ode an die Freude und Hevenu Shalom Alechem und andere Lieder wurden gesungen.

Mittags hatte es eine große Demo gegeben, an der ich aber nicht teilnehmen konnte.

Wir werden Morgen in die Stadt fahren.

Auch die Hamburger Hochbahn setzte ein Zeichen. Stoppt den Krieg war an allen Bussen und Haltestellen auf den Anzeigetafeln zu lesen. Dieses hier ist insofern ein bisschen „lustig“, als dass Ochsenzoll in Hamburg auch so eine Art Synomym für Hamburgs größte Psychiatrie, inlusive Forensik, ist.

Ich weiß auch, dass unser Gesang Putin nicht zum Aufgeben bringen wird, aber es ist ein Zeichen und viele hier lebende Ukrainer*innen sind dankbar für die Solidarität. Und ein bisschen ist es natürlich auch gegen die eigene Ohnmacht, die eigene Angst.

Friedenstauben gab es keine, in Hamburg sind das die Möwen

Wobei wir auch genug Tauben haben, aber die Möwen hofften angesichts der vielen Menschen auf viele runterfallende Pommes und andere Essensreste.

Lange ist es her, dass ich auf dem Rathausmarkt für den Frieden demonstriert habe und ich habe nicht wirklich geglaubt, dass ich die alten Buttons mit den Friedenstauben noch mal rausholen muss. Obwohl es genug Kriege auf der Welt gibt, gegen die man genau so singen müsste. Zuletzt hat wohl nur der erste Krieg gegen den Irak so viele Menschen auf die Straße gebracht.

Es ist gut und richtig, dass die Menschen auf die Straße gehen und auch ganz real helfen. Ich kann mich aber eines gewissen schalen Beigeschmacks nicht erwehren, wenn ich an die Menschen denke, die auch auf der Flucht sind, vor Kriegen, Hungersnöten und Terror und die hier nicht so willkommen sind. Im Gegenteil, Europa gibt sich alle erdenkliche Mühe, sie fern zu halten und nimmt dabei hunderte Tote in Kauf. Auch 2015 gab es zunächst eine hohe Hilfsbereitsschaft, damals hochtrabend Willkommenskultur genannt, von anderen wurden wir als Bahnhofsklatscher diffamiert und schon sehr schnell gab es Brandanschläge auf Flüchtlingsunterkünfte.

Für Flüchtlinge aus der Ukraine soll es eine sofortige Arbeitserlaubnis geben, gesichterter Zugang zur Sozialhilfe und bis zu 3 Jahren gesicherter Aufenthalt. Das ist alles gut und richtig, aber das wäre für andere Flüchtlinge ebenso gut und richtig, zumal vor allem eine Arbeitserlaubnis auch die Integration erheblich fördern würde.

Es macht wohl doch leider einen Unterschied, ob einer aus einem europäischen oder aus einem anderen Kulturkreis kommt. Da siegt dann nicht selten die Angst vor dem Fremden. Mir persönlich sind Menschen aus dem arabischen Kulturkreis weniger fremd, als Menschen aus Russland oder der Ukraine, schlicht, weil ich Freunde habe, die aus Ägypten stammen, ich das Land selber schon bereist habe und kaum jemanden kenne, der aus Russland oder der Ukraine kommt. Eine Freundin, die schon vor Jahren aus Charkiw geflohen ist und heute in Breslau lebt, haben wir. Ein Land, das uns in den letzten Jahren näher gekommen ist, ist Polen. Aber weiter gen Osten haben wir es beide noch nicht geschafft. Auch in Istanbul war ich mal, auch eine sehr islamisch geprägte Stadt, in der ich sehr spannende Begegnungen hatte, weil wir damals mit der Anwaltskanzlei dort waren und uns mit dort politisch aktiven Menschen getroffen haben, was nur mehr oder weniger konspirativ ging.

Das, was ich mit am meisten befürchtet habe, ist wohl nun passiert, wenn es auch glimpflich ausgegangen ist. Am größten Atomkraftwerk Europas hat es gebrannt. Ich habe keine Idee, wir man diesen Wahnsinnigen stoppen kann. Auch wenn wohl erste Soldaten desertieren (auch, weil sie gar nicht gewusst haben sollen, dass sie in den Krieg geschickt werden, ihnen soll erzählt worden sein, es sei lediglich ein Manöver), gezielte Desinformation, die Unterdrückung sämtlicher kritischer Berichterstattung sichert ihm wohl noch Unterstützung im eigenen Land.

Mit einem schnellen Ende dieses furchtbaren Krieges rechnet wohl niemand. Macron warnt davor, dass das Schlimmste erst noch kommt, er telefoniert ja noch regelmäßig mit dem Irren im Kreml. Und das Putin nicht alleine das Knöpfchen drücken kann, beruhigt nicht wirklich, da die anderen enge Vertraute von ihm sind.

Zur Zeit scheint alles andere so nebensächlich… Ich habe selber Mühe, eine Balance zu finden, mit der ich mich einigermaßen über Wasser halten kann. Gestern Abend habe ich am Rande noch eher lustlos etwas geknipst.

Die Alsterarkaden

Morgen sind wir dann in der Stadt unterwegs, aber vielleicht können wir Sonntag noch mal mit der Drohne losziehen. Martin hat inzwischen noch einen UV Filter bestellt, mit dem die Bilder nun deutlich besser werden dürften.

Irgendwie habe ich mich durch diese Woche laviert. Ich muss ja auch noch meinen Job machen. Allerdings habe ich selten erlebt, dass ein Thema alle so bewegt, ängstigt und so viel darüber geredet wird. Für mich ist es dabei schon auch ein gutes Gefühl, dass wir das tun, das wir miteinander beten, das wir reden und mit der Angst nicht alleine sind.

Bei Corona war das zeitweise auch so, aber da konnten wir selber zumindest ein bisschen was tun. Maske tragen, Abstand halten, Zuhause bleiben, sich impfen lassen. Wir waren nicht komplett ausgeliefert, auch wenn die Gefahr einer Infektion nach wie vor über uns schwebt. Wobei ich persönlich nicht mehr so viel Angst davor habe, bei Martin ist das ja auch noch mal anders.

Vieles steht nebeneinander, Realtitäten, die nicht miteinander vereinbar scheinen. Und doch müssen wir sie irgendwie zusammenbringen und aufpassen, nicht selber daran zu zerbrechen. Das eigene Leben zu relativieren ist keine Lösung. Das könnte man immer tun angesichts der Katastrophen überall auf dieser Welt.

Es ist Krieg-bei uns ist der Abfluss (mal wieder) verstopft

Es ist Krieg-der Kaffee ist alle

Es ist Krieg-mein Roller gibt Warnmeldungen

Es ist Krieg-ich freue mich auf unseren kleinen Urlaub, der näher rückt

Es ließe sich endlos fortsetzen.

Das Jahr gibt sich alle Mühe, so richtig Scheiße zu werden und ich hoffe, es kriegt noch die Kurve.