Großkampftag

Nein, das ist zu viel gesagt, aber ich habe heute einen Großeinkauf getätigt, weil Martin im Moment nicht gut kann. Also bin ich alleine los, zuerst zum Hofladen, wo ich dann doch dem Grünkohl nicht widerstehen konnte.

Dazu gibt es Kassler, Schweinebacke und Kohlwürste. Ich freue mich schon drauf. Danach war ich noch im Supermarkt, Getränke und all das kaufen, was wir nicht im Hofladen holen. Der Einkaufswagen war auch voll. Ich habe mir einen Umweg gegönnt und war in einem gut sortierten Supermarkt auf dem Land, der auch mein Bio-Waschmittel, das bevorzugte Futter der lieben Samtpfoten führt und der überhaupt sehr gut sortiert ist und auch viel bio im Angebot hat. Ausserdem geht es da sehr gesittet zu, alle tragen Masken, keiner schubst und drängelt und alle halten Abstand. Nun muss erst mal keiner mehr einkaufen und Martin kann auch in den kommenden Tagen Zuhause bleiben. Die Metex-Erhöhung ist leider mit erheblichen Nebenwirkungen verbunden.

Wenigstens konnte ich ihm noch sein neues Spielzeug aus der Packstation holen

Zuhause angekommen, habe ich schon mal den Nachtisch gemacht, eine Mousse au chocolat

Heute Abend gibt es Mini-Rouladen vom Schwein mit Orangen-Ragout

mal sehen, ob ich die auch so hinkriege

Draußen ist es ungemütlich und nass… also keine Phototour. Ich habe mir allerdings vorgenommen, bei besserem Wetter mal wieder etwas ausführlicher durch Planten un Blomen zu laufen, angeregt durch diese schöne Nordreportage, die wir gestern gesehen haben. Nicht, das ich den Park nicht kennen würde, aber ich bewege mich immer in der gleichen Ecke. Aber heute gibt es keine Photos. Ich werde das tun, was ich sonst eben auch gerne tun… kochen, stricken und vielleicht spinnen. Der erste Socken für Martin ist fertig

Die Fäden habe ich auch inzwischen vernäht. Nebenbei verfolge ich auf Twitter (#le2111) und der Leipziger Internetzeitung, was gerade in Leipzig passiert. Ich habe ja selber 15 Monate dort gelebt und fühle mich auch deshalb etwas verbunden mit der Stadt. Ich habe aber leider auch leidvoll das kollektive Versagen seitens der Behörden in Sachen Legida (Leipziger Ableger von Pegida) erlebt. Das die nicht mehr durch die Stadt skandieren, ist nur den regelmäßigen und engagierten Gegendemos zu verdanken, auf denen ich auch ich fast jede Woche war. Wir mussten Montags meistens um 15 Uhr Feierabend machen, weil wir sonst kaum noch aus dem Büro rauskamen wegen der rechten Idioten.

Aber nun geh ich mal wieder an den Strickstrumpf und gucke mal, was die Mousse macht. Es hilft nix, die muss man ca. einmal die Stunde probieren, ob sie auch gelungen ist B-) .

Ich genieße die häusliche Gemütlichkeit mit Kerzen und der Familienidylle, wenn wir alle vier im Wohnzimmer sind und jeder seiner Beschäftigung nachgeht. Die der Katzen ist meistens pennen oder lautstark Streicheleinheiten fordern…

Geplant ist noch, uns beide Teile des Filmes Altes Land anzugucken. Wir haben die noch nicht gesehen.

Habt es noch schön an diesem grau grisseligen Tag (jedenfalls hier im Norden).

Zu den unsäglichen Querdenker Demos möchte ich hier noch einen Text reinsetzen, der mir heute Morgen bei Facebook aufgefallen ist:

Wir schreiben den Anfang 1945. Es ist bitterkalt in der Lüneburger Heide.

Es herrscht Krieg. In der Ferne hört man das Quietschen von Zugwaggons. Waggons des Grauens. Sie bringen abgemagerte, geschundene Frauenkörper ins Frauenlager des KZ Bergen-Belsen. Neben den Waggons an den verzogenen Gleisen ein Menschenstrom, der sich in Richtung KZ bewegt. Ihre Körper schwach vor Erschöpfung, und das was sie dort erwartet sind Hunger, keine Hygiene, Dreck und der Tod. Wer nicht verhungerte, erlag qualvoll der grassierenden Typhusepidemie.

Am Ende erliegen diesem Schicksal über 50.000 Menschen. Die bewachende SS beschränkte sich seit jeher nur auf das Verhindern von Fluchtversuchen aus dem Lager. Medikamente oder Ambulanz – Fehlanzeige. 15. Februar 1945, ein junger Körper liegt mit schwachem Puls, dem Tode nahe auf dem Boden.

Die kurzgeschorenen Haare lassen nicht erahnen, dass es ein Mädchenkörper ist. Geschwächt und gezeichnet von Flecktyphus, der von Läusen übertragen den Opfern nur noch wenig Überlebenszeit gibt. Das Mädchen hat viel durchmachen müssen – Hunger, Schmerz, Qualen, Verfolgung, Angst.
Geboren in Frankfurt am Main, musste das Mädchen mit seiner Familie mit 5 Jahren in die Niederlande vor den Nazis flüchten. In Amsterdam fühlte man sich etwas sicherer, bis die Wehrmacht am 10. Mai 1940 die Niederlande angriff und besetzte. Es herrschte Angst, die im September 1939 mit dem Beginn des Zweiten Weltkriegs durch den Angriff auf Polen ihren Anfang nahm. Von nun an versteckte sich das Mädchen, mittlerweile 10 Jahre alt, mit seiner Familie in einem Hinterhof. Ständig in lähmender Angst, dass sie an die Nazis und die Gestapo verraten werden. Das Mädchen nutzt die Zeit und liest viel.

Es ist der 12. Juni 1942, als das inzwischen 13jährige Mädchen an ihrem Geburtstag von ihrem Onkel ein Tagebuch geschenkt bekommt. Von nun an schreibt das Kind akribisch ihre Erlebnisse in niederländischer Sprache auf. Stunde für Stunde, Tag für Tag, Jahr für Jahr. Auch den Moment, als die Schwester des Mädchens den Befehl zu ihrer Deportation in ein Arbeitslager erhielt. Nun tauchte die Familie im Untergrund ab. Im Tagebuch hinterließ das Mädchen Zeilen, die von der Kopfgeldaussetzung und Deportation von Juden erzählten. Wenige Tage danach sollte das Mädchen eben solches Schicksal ereilen.

Es beginnt ein Martyrium durch Arbeitslager und Konzentrationslager, immer geprägt von lähmender Angst, die nächste Station könnte die letzte, und die nächste Tür könnte die Tür in die todbringende Gaskammer sein.

Am 15. April 1945 befreien britische Truppen das Lager Bergen-Belsen. Für das junge kurzgeschorene Mädchen kommt die Erlösung zwei Monate zu spät. Mitte Februar verließen die Kräfte ihren Körper und das Herz hörte mit nur 15 Jahren für immer auf zu schlagen. Neben dem Mädchen mit letzter Kraft geschriebene, kaum sichtbare Zeilen in einem vom Schnee bedeckten Büchlein. Das Geburtstagsgeschenk, was viele Jahre später weltweite, traurige Berühmtheit erlangen soll.
Das Mädchen hieß Anne Frank.

November 2020, Bundesrepublik Deutschland – eines der reichsten Länder mit dem besten Sozialsystem der Welt. Eine Pandemie hat die Welt im Griff, die Bundesregierung versucht mit Maskenpflicht und Kontaktbeschränkungen der Lage Herr zu werden.

Auf einer Querdenkerdemo-Bühne steht ein 11 jähriges Mädchen und sagt, „…sie fühle sich wie Anne Frank, weil sie ihren Geburtstag nicht so wie im letzten Jahr feiern durfte….“!
Manchmal möchte ich mich einfach nur in eine dunkle Ecke setzen und weinen…

Sven Schaale, 19.11.2020