Ein kleines Zeichen

gegen den Krieg. 2.500 Hamburger*innen haben sich gestern Abend auf dem Rathausmarkt versammelt und gemeinsam gesungen. Imagine, We shall overcome, Ode an die Freude und Hevenu Shalom Alechem und andere Lieder wurden gesungen.

Mittags hatte es eine große Demo gegeben, an der ich aber nicht teilnehmen konnte.

Wir werden Morgen in die Stadt fahren.

Auch die Hamburger Hochbahn setzte ein Zeichen. Stoppt den Krieg war an allen Bussen und Haltestellen auf den Anzeigetafeln zu lesen. Dieses hier ist insofern ein bisschen „lustig“, als dass Ochsenzoll in Hamburg auch so eine Art Synomym für Hamburgs größte Psychiatrie, inlusive Forensik, ist.

Ich weiß auch, dass unser Gesang Putin nicht zum Aufgeben bringen wird, aber es ist ein Zeichen und viele hier lebende Ukrainer*innen sind dankbar für die Solidarität. Und ein bisschen ist es natürlich auch gegen die eigene Ohnmacht, die eigene Angst.

Friedenstauben gab es keine, in Hamburg sind das die Möwen

Wobei wir auch genug Tauben haben, aber die Möwen hofften angesichts der vielen Menschen auf viele runterfallende Pommes und andere Essensreste.

Lange ist es her, dass ich auf dem Rathausmarkt für den Frieden demonstriert habe und ich habe nicht wirklich geglaubt, dass ich die alten Buttons mit den Friedenstauben noch mal rausholen muss. Obwohl es genug Kriege auf der Welt gibt, gegen die man genau so singen müsste. Zuletzt hat wohl nur der erste Krieg gegen den Irak so viele Menschen auf die Straße gebracht.

Es ist gut und richtig, dass die Menschen auf die Straße gehen und auch ganz real helfen. Ich kann mich aber eines gewissen schalen Beigeschmacks nicht erwehren, wenn ich an die Menschen denke, die auch auf der Flucht sind, vor Kriegen, Hungersnöten und Terror und die hier nicht so willkommen sind. Im Gegenteil, Europa gibt sich alle erdenkliche Mühe, sie fern zu halten und nimmt dabei hunderte Tote in Kauf. Auch 2015 gab es zunächst eine hohe Hilfsbereitsschaft, damals hochtrabend Willkommenskultur genannt, von anderen wurden wir als Bahnhofsklatscher diffamiert und schon sehr schnell gab es Brandanschläge auf Flüchtlingsunterkünfte.

Für Flüchtlinge aus der Ukraine soll es eine sofortige Arbeitserlaubnis geben, gesichterter Zugang zur Sozialhilfe und bis zu 3 Jahren gesicherter Aufenthalt. Das ist alles gut und richtig, aber das wäre für andere Flüchtlinge ebenso gut und richtig, zumal vor allem eine Arbeitserlaubnis auch die Integration erheblich fördern würde.

Es macht wohl doch leider einen Unterschied, ob einer aus einem europäischen oder aus einem anderen Kulturkreis kommt. Da siegt dann nicht selten die Angst vor dem Fremden. Mir persönlich sind Menschen aus dem arabischen Kulturkreis weniger fremd, als Menschen aus Russland oder der Ukraine, schlicht, weil ich Freunde habe, die aus Ägypten stammen, ich das Land selber schon bereist habe und kaum jemanden kenne, der aus Russland oder der Ukraine kommt. Eine Freundin, die schon vor Jahren aus Charkiw geflohen ist und heute in Breslau lebt, haben wir. Ein Land, das uns in den letzten Jahren näher gekommen ist, ist Polen. Aber weiter gen Osten haben wir es beide noch nicht geschafft. Auch in Istanbul war ich mal, auch eine sehr islamisch geprägte Stadt, in der ich sehr spannende Begegnungen hatte, weil wir damals mit der Anwaltskanzlei dort waren und uns mit dort politisch aktiven Menschen getroffen haben, was nur mehr oder weniger konspirativ ging.

Das, was ich mit am meisten befürchtet habe, ist wohl nun passiert, wenn es auch glimpflich ausgegangen ist. Am größten Atomkraftwerk Europas hat es gebrannt. Ich habe keine Idee, wir man diesen Wahnsinnigen stoppen kann. Auch wenn wohl erste Soldaten desertieren (auch, weil sie gar nicht gewusst haben sollen, dass sie in den Krieg geschickt werden, ihnen soll erzählt worden sein, es sei lediglich ein Manöver), gezielte Desinformation, die Unterdrückung sämtlicher kritischer Berichterstattung sichert ihm wohl noch Unterstützung im eigenen Land.

Mit einem schnellen Ende dieses furchtbaren Krieges rechnet wohl niemand. Macron warnt davor, dass das Schlimmste erst noch kommt, er telefoniert ja noch regelmäßig mit dem Irren im Kreml. Und das Putin nicht alleine das Knöpfchen drücken kann, beruhigt nicht wirklich, da die anderen enge Vertraute von ihm sind.

Zur Zeit scheint alles andere so nebensächlich… Ich habe selber Mühe, eine Balance zu finden, mit der ich mich einigermaßen über Wasser halten kann. Gestern Abend habe ich am Rande noch eher lustlos etwas geknipst.

Die Alsterarkaden

Morgen sind wir dann in der Stadt unterwegs, aber vielleicht können wir Sonntag noch mal mit der Drohne losziehen. Martin hat inzwischen noch einen UV Filter bestellt, mit dem die Bilder nun deutlich besser werden dürften.

Irgendwie habe ich mich durch diese Woche laviert. Ich muss ja auch noch meinen Job machen. Allerdings habe ich selten erlebt, dass ein Thema alle so bewegt, ängstigt und so viel darüber geredet wird. Für mich ist es dabei schon auch ein gutes Gefühl, dass wir das tun, das wir miteinander beten, das wir reden und mit der Angst nicht alleine sind.

Bei Corona war das zeitweise auch so, aber da konnten wir selber zumindest ein bisschen was tun. Maske tragen, Abstand halten, Zuhause bleiben, sich impfen lassen. Wir waren nicht komplett ausgeliefert, auch wenn die Gefahr einer Infektion nach wie vor über uns schwebt. Wobei ich persönlich nicht mehr so viel Angst davor habe, bei Martin ist das ja auch noch mal anders.

Vieles steht nebeneinander, Realtitäten, die nicht miteinander vereinbar scheinen. Und doch müssen wir sie irgendwie zusammenbringen und aufpassen, nicht selber daran zu zerbrechen. Das eigene Leben zu relativieren ist keine Lösung. Das könnte man immer tun angesichts der Katastrophen überall auf dieser Welt.

Es ist Krieg-bei uns ist der Abfluss (mal wieder) verstopft

Es ist Krieg-der Kaffee ist alle

Es ist Krieg-mein Roller gibt Warnmeldungen

Es ist Krieg-ich freue mich auf unseren kleinen Urlaub, der näher rückt

Es ließe sich endlos fortsetzen.

Das Jahr gibt sich alle Mühe, so richtig Scheiße zu werden und ich hoffe, es kriegt noch die Kurve.

34 Anmerkungen zu “Ein kleines Zeichen

  1. Immerhin ist der Abfluss jetzt wieder frei – wenigstens ein kleiner Fortschritt, über den ich mich freue…..

    Ansonsten merke ich aber, dass es auch mir mit meiner ostwestfälischen Ruhe nicht mehr so leicht fällt, die Dinge gelassen zu sehen – und dass ich jetzt wieder auf alte Strategien zurückgreifen muss, um wenigstens halbwegs ausgeglichen zu bleiben.

    Das ist mein ganz persönlicher Teil, den ich dem Typen im Kreml übel nehme – neben dem, was er sonst noch so verzapft allerdings wohl auch nicht mehr als Pillepalle

    Was Deine Beobachtungen zum Thema Flüchtlinge angeht, so fällt mir das auch auf, wozu dann ja auch noch kommt, das die aktuelle Hilfsbereitschaft spätestens dann einbrechen wird, wenn sich herausstellt, dass die Menschen auch nicht wieder zurück können..
    Und ich befürchte, dass es dann auch nicht mehr weit ist, bis der erste Dumpfbratz was vom „vollen Boot“ faselst und die Debatte von vor fünf Jahren wieder hochkocht – wenn nicht schlimmeres….

    Bleibt nur zu hoffen, dass sich all das schnellstmöglich und ohne weitere Katastrophen auflösen lässt. Was bisher gesehen ist, ist wahrlich schon schlimm genug….

    Das Jahr gibt sich alle Mühe, so richtig Scheiße zu werden und ich hoffe, es kriegt noch die Kurve.

    Amen!.

  2. Das Video mit Gesang auf dem Hamburger Rathausmarkt hat mir zwei Schauer durch die Adern gejagt – einen angenehmen, dass so viele Leute kommen und singen, um dem Frieden zu helfen – einen unangenehmen, weil ich natürlich die ganze Ursache solcher Treffen und Demonstrationen nie aus dem Bewusstsein verlieren kann.
    Ich habe noch nicht alles angesehen von deinem Post – aber „Stoppt den Krieg in 6 Minuten“ fand ich auch zum Lächeln, auch wenn mir „Ochsenzoll“ nichts sagte.
    Martins Gedanken „… das die aktuelle Hilfsbereitschaft spätestens dann einbrechen wird, wenn sich herausstellt, dass die Menschen auch nicht wieder zurück können..
    Und ich befürchte, dass es dann auch nicht mehr weit ist, bis der erste Dumpfbratz was vom „vollen Boot“ faselst und die Debatte von vor fünf Jahren wieder hochkocht – wenn nicht schlimmeres….“ sind so ganz, ganz sehr auch meine Befürchtungen, da können sie noch so sehr Europäer sein.
    Als ich heute las, dass von der gelieferten Munition vieles noch aus Alt-DDR-Beständen stammt und nicht funktioniert, wusste ich ernsthaft nicht, welches Gefühl ich jetzt aus dem Gefühlsspeicher ziehen soll. Es ist alles – natürlich viel mehr für die Ukraine + Menschen als für uns – einfach nur ganz, ganz schrecklich.
    Hoffentlich können wir alle bald wieder „Nur Rohre reinigen ist angesagt“ ausüben.

    1. Die Stimmung auf dem Rathausmarkt war auch denkbar beklommen bei allen. Ich habe einige Bekannte getroffen und irgendwie war uns aber nicht nach „ach wie schön, Dich zu treffen“.
      In Sachen Waffenlieferungen und der Erhöhung der Verteidigungsausgaben bin ich immer noch mit mir selber klar. Aber defektes Altzeugs so zu entsorgen, ist ja schon zynisch. Das es alte DDR Bestände sind, habe ich auch gelesen, nicht aber, das sie Schrott sind

      1. Ich weiß die Zahlen nicht mehr – wir haben wohl 1700 geliefert und 700 sollen nicht funktioniert haben. – Warum hebt man solche überalterten Sachen überhaupt auf, sie sollen z.T. schimmlig gewesen sein.

  3. Ich weiß, dass Deutschland nicht alle aufnehmen und nicht allen helfen kann, aber diesen Passus von dir MUSS ich einfach hier noch mal kopieren:
    “ … aber das wäre für andere Flüchtlinge ebenso gut und richtig, zumal vor allem eine Arbeitserlaubnis auch die Integration erheblich fördern würde. “
    Du siehst, ich habe mich in deinem Artikel schon ein ganzes Ende nach unten gelesen.

    1. Es ist und war auch nie die Rede von allen… die meisten Flüchtlinge auf der Welt flüchten innerhalb ihrer Länder oder in Nachbarländer. Wir machen es uns ja auch gerne mal einfach, in dem wir die Länder an den EU Aussengrenzen mit dem Problem alleine lassen. Sollen Griechenland und Italien doch zusehen, wie sie damit klar kommen. Von Ländern wie dem Libanon ganz zu schweigen. Im Vergleich zur Einwohnerzahl, hat der Libanon weltweit am meisten Flüchtlinge aufgenommen. Die wenigstens schaffen es bis nach Europa oder gar Deutschland.

  4. Du „… Gestern Abend habe ich am Rande noch eher lustlos etwas geknipst. “ Fotos für mich immer wieder aus meinem geliebten Hamburg.
    Aber Berlin hat hat auch schöne Ecken – und jetzt die wirklich für mich grausame Idee, das alles ist zerbombt und es müssen ??? Leichen geborgen werden.
    Manchmal denke ich, ich drehe durch – und am wenigsten Angst habe ich um mein Leben, das ist schon 76 Jahre alt und viele, viele Menschen aus meinem lieben Umfeld sind schon viel früher gestorben.

    1. Bezogen auf mich selbst bin ich da auch ziemlich fatalistisch.
      Denn weglaufen kann ich ja nicht mehr – und ich wüsste auch überhaupt nicht wohin.

      Was mir viel mehr Sorgen macht, sind die jungen Leute, die nun möglicherweise vor einer Entscheidung stehen, von der ich lange gehofft hatte, dass sie nie wieder auf den Tisch kommen würde: Soldat zu werden oder nicht.

      (Wobei ich ja auch sehr deutlich wahrnehme, dass sich diese Frage für die Menschen in der Ukraine offenbar nicht stellt. Wenn es um eigene Land geht und man unmittelbar betroffen ist, fallen vermutlich viele Wenns und Abers einfach nicht mehr ins Gewicht)

      1. (Ex-)Mann hat den Dienst an der Waffe verweigert – richtige Wehrdienstverweigerung gab es wohl nicht in der DDR.
        Sohn hat Zivil- oder Wehrersatzdienst gemacht, aber schon nach der Wende, er ist jetzt 50. Er hat u.a. auf dem Friedhof sehr schwer gearbeitet.
        Aber mein Enkel – er ist jetzt 21 – ihn würde es sicherlich hart und unerbittlich erwischen – er ist einer der besten Pianisten in seinem Alter – ob man ihn wegen seiner Hände freistellen würde?

      2. Wo ist der Anfang von diesem Kommentar?
        Ich hatte was von Mann, Sohn und Enkel mit Bezug auf Wehrdienst geschrieben.
        Und dann habe ich einen Musik-Link zu meinem Enkel gesucht – und habe den angefangenen Kommentar nicht mehr gefunden. Seit einiger Zeit spielt der „große Pianist“ I. H. auch Orgel

        aber ob er wegen seiner Hände nicht zum Militär müsste, weiß ich nicht.
        Ich habe mir das Video nicht ganz angesehen – ich habe immer nur gesehen, ihn von hinten mit Maske.

        1. Mit der Musik läufst Du bei mir offene Türen ein.
          Ich mag Orgelmusik sehr :-)

          Der erste Teil des Kommentares ist genau über diesem hier… Passt also :-)

          Wie das für Musiker heute wäre?
          Keine Ahnung.
          Zu meiner Zeit, Ende der Siebziger wurde darauf jedenfalls keine Rücksicht genommen – die einzigen, die damals definitiv sowohl vom Wehr-, als auch vom Ersatzdienst in der „alten“ Bundesrepublik befreit waren, waren Theologie-Studenten und Angehörige von Zeugen Jehovas und anderer Glaubensrichtungen ähnlicher Art.

          Alle andere mussten, ob sie wollten oder nicht, da spielte der Beruf allenfalls bei den Einsatzmöglichkeiten innerhalb der Truppe eine Rolle, aber eben auch nicht zwingend.
          Ein Ausbildungskollege, Telefoner wie ich, wurde beispielsweise nicht bei der Fernmeldetruppe eingesetzt, sondern durfte seinen Wehrdienst in der Spülküche eines Offizierskasinos ableisten, genau wie mein älterer Bruder, der fertig ausgebildeter Starkstrom-Elektriker war, als man ihn einzog

    2. Angst vor dem Tod habe ich auch nicht, auch wenn ich noch 20 Jahre weniger auf dem Buckel habe. Aber Angst vor einer atomaren Wolke, die uns vielleicht so langsam sterben lässt.
      In Berlin und Hamburg haben wir ja wahrlich genug Zeugnisse davon, wie es aussieht, wenn alles in Schutt und Asche liegt und wie schön es früher mal aussah, bevor man nach dem Krieg alles mehr oder weniger hübsch hässlich wieder aufgebaut hat.
      Wenn ich für Dich mal eine bestimmte Ecke von Hamburg ablichten soll, sag Bescheid. Mache ich gerne :-)

      1. Das Angebot nehme ich gern an.
        Heiko hatte seinen Fernsehladen auf der Washington Allee – er hieß „Radio Baule“ –
        aber da war ich vor einiger Zeit, lohnt sich nicht.
        Aber seine Übergangswohnung war in Wandsbek, nicht weit weg von Kirche und Markt – da bekomme ich den Straßennamen mit einem Hamburger Stadtplan bestimmt raus.
        An seine Ehe während der Ehe kann ich mich wenig erinnern – aber da gucke ich auch mal – wennich von der Autobahn gekommen bin – lange geradeaus und dann war es nach einer großen Kreuzung rechts eine kleine Straße.
        Ich habe einen Stadtplan und gucke gleich mal.
        Aber da ist mir alles zu klein – ich suche mal im Netz. Das ist ja alles nun schon fast 26 Jahre her – ich merke mir ja beim Doko kaum noch, wer gerade gegeben hat.
        Lieben Gruß

        1. Das ist eine der Ecken von Hamburg, die ich nur vom Durchfahren kenne. Östlich der Alster halte ich mich selten auf, obwohl gerade auch Wandsbek richtig schöne Ecken hat. Also auch ein Grund, da mal hinzufahren

  5. Realtitäten, die nicht miteinander vereinbar scheinen. Ja, so erleben wir das alle.
    Alles mögliche wird geplant, so als gäbe es keinen Krieg, keine Pandemie und keinen Klimawandel.

    1. Vielleicht weil der Mensch etwas braucht, woran er sich festhalten kann. Wobei wir endlich aufhören müssen, so zu leben, als ginge uns der Klimawandel nix an.
      Aber gegen den Krieg können wir kaum was ausrichten, jedenfalls nicht als Einzelperson.

  6. Ich bin in den letzten Tagen leicht konfus. Es läuft einiges nicht so wie es soll. Von den Nachrichten fühle ich mich überfrachtet. Vielleicht ist das so wenn man den ganzen Tag alleine zu Hause ist. Und was diesen Irren stoppen könnte weiss ich auch nicht. Jetzt drohen den Menschen in Russland sogar sehr hohe Strafen wenn sie das Wort Krieg nur in den Mund nehmen.
    Deine Gedanken zu den Flüchtlingen aus anderen Kriegsgebieten gehen mir auch schon seit Tagen durch den Kopf. Es wäre aber schön, wenn diesen Menschen auch geholfen würde.

    1. Ich bin ganz froh, dass ich nicht alleine bin, weder Zuhause, noch auf der Arbeit. Das das alleine alles schwer auszuhalten ist, glaube ich Dir sofort. Zumal wir ja auch schon einiges hinter uns haben und die letzten zwei Jahre auch schon belastend waren, wenn auch ganz anders.

  7. Muss ich eigentlich ein schlechtes Gewissen haben wenn ich nicht so wirklich stark betroffen bin? Natürlich weiß ich, dass das alles Kacke ist und ich bedauer die armen Menschen. Aber meine Ängste, meine Betroffenheit, mein Bedauern halten sich in Grenzen.

    1. Nein, warum? Ich denke, das empfindet jeder anders. Ich erlebe Menschen, die ich bisher als nicht sehr ängstlich erlebt habe, gerade voller Angst. Ich selber halte mich sonst auch für sehr stabil, aber das macht mir schwer zu schaffen.

      1. Es gibt 1001 Haltungen zu jedem Thema das glaube ich gelernt zu haben, die letzten zwei Jahre.
        Das heisst nicht, dass ich alles gut heisse oder verstehe.
        Es gibt etwa boxfans, die zugleich Lyriker sind, kein fleisch essen und jäger sind.
        Die klassik und Metall gleichermaßen gerne hören.

        1. Man muss ja auch nicht alles gutheißen, verstehen oder gar teilen. Es reicht, wenn wir es schaffen, friedlich über unsere Standpunkte zu reden, vielleicht auch zu streiten, aber bitte konstruktiv

  8. Es gibt so viel zu diesem Thema zu sagen. In meinem Kopf ist so viel Chaos. Die Menschen in der Ukraine tun mir so wahnsinnig leid, ohne dass ich wirklich etwas tun kann (Geld spenden – ja – aber das fühlt sich nicht real an, nur ein Knopf im Internet). Mir tun aber auch die „normalen“ russischen Menschen leid. Die Tochter eines russischen Arbeitskollegen in der russischen Firma, mit der wir kooperieren, ist gerade in Polen zu einem Auslandssemester – es ist der reinste Spießrutenlauf für sie, weil alle sie mit Putin identifizieren. Vielleicht ist das etwas, was wir alle tun können: genau hinzuschauen und eben nicht zu pauschalisieren.
    Und ab vom Thema: Die Bilder sehen ganz anders aus. Hast du neues Gerät, einen besonderen Filter oder sowas?

    1. Die meisten Bilder sind mit dem Handy gemacht. Kein Filter oder so.
      Ja, die pauschale Verurteilung von Russen ist unerträglich. Das geht hier ja auch vielen so. Auch wenn sich mir teilweise die Nackenhaare sträuben, was hier lebende Russen so von sich geben, weil sie der Putin-Propaganda erlegen sind. Viele Russen sind auch gegen den Krieg, sie engagieren sich sogar für die Ukraine und ich habe größten Respekt vor denen, die in Russland gegen den Krieg protestieren, den sie nicht mal so nennen dürfen, ohne Gefahr zu laufen, im Knast zu landen.
      Wir möchten ja auch nicht pauschal als Nazis tituliert werden.
      Dieser Krieg wird unsere Welt auf lange Sicht verändern. Ansonsten habe ich kein Chaos im Kopf, eher eine klare Meinung. Und ich habe Angst, das gebe ich zu.

      1. Ist ja beneidenswert, dass Du das alles schon so klar für Dich hast. Ich brauche da wohl noch eine Weile…

        1. Nein, alles klar habe ich für mich nicht. Ich habe nur eine klare Meinung zu dem Krieg. Vieles andere hab ich nicht klar, da habe ich mich vielleicht missverständlich ausgedrückt. Gerade im Bezug auf meine bisher gepflegten Überzeugungen bin ich schon am Schwanken, Zweifeln und Nachdenken.

          1. Ja, da habe ich Dich dann in der Tat falsch verstanden. Natürlich bin ich mir hinsichtlich des Angreifers ganz klar. Aber der Rest, der braucht halt…

  9. Moin Frau Momo.
    Chapeau! Für diesen Beitrag. Ich nicke beifällig.
    Solidaritätskundgebungen hat es hier in Timmendorf, Lübeck usw. auch gegeben. Gut so.
    Viel mehr können wir wohl zurzeit nicht tun. Oder doch? Wer Zeit hat, helfen wo Hilfe benötigt wird, ein paar Euro, so man die denn erübrigen kann, spenden ….
    Vor zwei Wochen habe ich Montagmorgen noch getwittert:
    „Ich freue mich über jeden Morgen, wo ich hier nichts darüber lesen muss, dass in der Nacht der Krieg angefangen hat.“
    Seit letzter Woche Freitag hoffe ich morgens auf Meldungen, dass der Russen-Diktator nächtens überraschend einem Herzinfarkt erlegen ist und der neue Russen-Präsident das Ende aller kriegerischen Handlungen befohlen hat. Na ja, so in der Art jedenfalls ;)
    Mit diesem meinem Gedankengang wünsche ich euch noch einen schönen Sonntag, wir lesen uns.

    1. Ich bin da manchmal ehrlich gesagt etwas weniger milde unterwegs und erwische mich bei dem Gedanken, wieso erschießt den niemand? Ich weiß, auch eine Form von Gewalt. Und ob es nützen würde, weiß auch niemand.
      Ich wünsche Dir auch einen schönen Sonntag, trotz allem. Ach ja, ans Meer müssten wir auch mal wieder. Ich beneide Dich um Deine Nähe zur Ostsee.

      1. Ja, wir werden auch gleich raus gehen. Sonne pur!
        Ein Freund hat das gestern auch so ausgedrückt wie du. Wir haben uns dann doch auf den „Herzinfarkt“ geeinigt – im Wissen, denn auch bewusst herbeiführen zu können ;)

Leider keine Anmerkung mehr möglich.