Da war doch noch was

Im Moment mag man ja keinen Hund vor die Tür jagen und mir den ganzen Tag irgendwelche Tutorials angucken, mag ich dann auch nicht. Aber es ist ja nicht so, dass ich dann keine Freizeitbeschäftigung mehr hätte.

Die richtige Zeit, mal wieder das Spinnrad rauszuholen. Wolle habe ich dieses Jahr gar keine gekauft, aber ich habe noch diverse Kisten voll auf dem Balkon. Die muss ich mal sichten und dann muss sie auch erst mal gewaschen werden.

Ich kaufe die Wolle ja quasi wie sie vom Schaf kommt, gerne in meiner Herzensheimat Eiderstedt in einer Schafskäserei in „meinem“ Dorf. Die Schafhalter kriegen nix für die Wolle und geben sie gerne an Leute wie mich ab, meistens für einen schmalen Taler. Der Biolandwirt aus Tetenbüll macht auch mittlerweile Pallets für die Pflanzendüngung aus der Wolle. Ich decke mit der Wolle, die ich nicht brauchen kann, im Winter gerne meine Pflanzen auf dem Balkon ab.

Wenn die Wolle gewaschen ist, muss sie noch kardiert, also gekämmt werden. Mit dieser Maschine geht das ohne viel Muskelkraft. Und dann kann sie versponnen werden

Ich spinne meistens zwei sehr dünne Fäden, die ich dann zu einem verzwirne. Dadurch wird der Faden stabiler und da ich nur Socken stricke, eignet sich so ein verzwirnter Faden dafür besser. Ich spinne auch eher weiche Fäden, ich finde das im fertigen Produkt einfach angenehmer als sehr hart gesponnene Wolle.

Und das gibt dann warme Füße. Mal abgesehen davon, dass diese Wolle auch eine gute Klimaanlage für die Füße ist.

Wenn die Wolle gesponnen ist, kommt sie auf eine Haspel

Von dort kommt sie noch mal in ein Entspannungsbad und kann dann endlich verstrickt werden.

Wer hier schon länger mitliest, kennt das alles schon. Aber da ich das Spinnrad heute wieder rausgeholt habe, dachte ich, ich zeige auch dieses Hobby noch mal. Für die Wolle interessiere übrigens nicht nur ich mich

2020

Die beiden lieben die Wolle auch und legen sich gerne rein, als hätten sie selber ein Schaf erlegt :-)

Dieses Hobby betreibe ich schon seit den 80ern. Damals fanden wir das einfach so unglaublich alternativ und nach langer Pause habe ich vor Jahren wieder damit angefangen. Als ich in Münster war, habe ich mir in Solingen dieses feine und kompakte Spinnrad gebraucht kaufen können. Die Kardiermaschine kam erst spät zu mir. Früher habe ich das mit Handkarden gemacht, aber das geht heftig auf die Arme und wird natürlich auch nicht so gleichmäßig. Spinnrad und Kardiermaschine sind auch keine günstigen Anschaffungen. Auch wenn die Wolle selber wenig kostet, das Equipment ist nicht billig. In Münster hatte ich auch Wolle vom einem SoLaWi Hof. Da habe ich mal ein paar Kilo mit dem Roller abgeholt, weil mein Auto nicht ansprang und das mitten im Winter. So bin ich 26 km von Münster nach Entrup bei -2 Grad gerollert und mit soviel Wolle, wie ich auf den Roller bekommen habe, wieder zurück.

In meiner Münsteraner Zeit habe ich sehr viel am Spinnrad gesessen, aber damals habe ich auch noch nicht so viel fotografiert und musste viele Abende alleine verbringen. Vor fast genau 5 Jahren habe ich mich dann in Hamburg beworben…. und damit hatte meine 4 1/2 jährige Tingelei durch Deutschland dann ein Ende (Regensburg, Stuttgart, Leipzig, Berlin und Münster).

Bis auf die ersten drei Photos sind alle aus der Konserve. Ich habe lange nicht mehr am Spinnrad gesessen. Aber jetzt an langen Winterabenden ist das etwas, was ich gerne mache, was mich total entspannt und die Wolle auf dem Schoß wärmt auch noch :-) . Ausserdem ist es eine tolle Handpflege, weil ich nicht alles Lanolin aus der Wolle raus wasche.

da habe ich auch mal Wolle gefärbt

Wolle habe ich auch schon hier in der Gegend geholt oder von der Freundin aus Mecklenburg bekommen. Wolle ist nicht gleich Wolle… so verschieden die Rassen. so unterschiedlich auch die Wolle. Ich habe auch mal Heidschnucke versponnen, die ist mir allerdings zu pieksig. Gute Schafwolle ist ganz weich und kratzt überhaupt nicht.

Das Schaf braucht seine Wolle gerade selber…. Wenn ich wieder einen Strang Wolle fertig habe, zeige ich den mal. Das Wetter macht keine Anstalten, fotografierfreundlicher zu werden. Im Moment hat man hier das Gefühl, dass es gar nicht richtig hell wird. Vielleicht mache ich aber heute noch einen Schlenker über Santa Pauli, wenn es nicht regnet…

16 Anmerkungen zu “Da war doch noch was

  1. Ich bin ja noch nicht lange dabei, für mich ist das also neu. Das ist toll, ich bin tief beeindruckt. Ich halte das auch für sehr wertvoll solche wirklich lebensnotwendigen Techniken am Leben zu erhalten.

    1. Mir macht es einfach Spaß und nebenbei produziere ich auch noch was brauchbares. Es ist ein Jammer, wieviel wertvolle hier bei uns einfach vernichtet wird. Die Schafhalter bekommen so wenig, dass es nicht mal die Kosten für´s Scheren deckt. Mittlerweile gibt es aber immer mehr mehr Leute, die das so nicht mehr hinnehmen wollen.
      Nordwolle auf Rügen z.B. Die kaufen heimische Wolle auf und machen ganz wunderbare Klamotten damit

      https://nordwolle.com/

      1. Das mit der Vernichtung der Wolle wusste ich nicht – ja das ist ein Jammer, statt dessen werden Klamotten aus Erdöl gemacht und um die halbe Welt verschifft.

        Danke für den Nordwolle-Tipp.

  2. Erst einmal habe ich bei dem Artikel von 2017 kommentiert, wo du Arme so weit in der Kälte mit dem Roller fahren musstest.
    Ich bin ja nicht so der Wollfan, weil sie mich immer kratzt. Bei Socken müsste ich ein anderes Paar darunter ziehen, und da ist der Effekt schon weitestgehend verpufft. Als Stulpen kann ich sie mir vorstellen.
    Auf deinem ersten Foto sah es für mich aus, als wenn da „Flügel“ von einer Weihnachtspyramide verwendet wurden.
    Bei Gudrun gab es ja auch sehr, sehr viel über Schafe und Wolle und die Technik zum Verarbeiten zu lesen.
    Lieben wolligen Gruß von der „unbewollten“ Clara

    1. Ich liebe Wolle und trage zur Zeit eigentlich nur Wolle, vom T-Shirt drunter bis zum Pullover. Merinowolle kratzt auch nicht. Und meine Socken auch nicht. Wärmen tun sie aber natürlich auch dann noch, wenn man noch welche drunter hat.
      Ja, Gudrun betreibt das ja viel intensiver als ich. Aber unsere Wege haben sich schon vor einiger Zeit getrennt.

  3. Für mich war das Neu und finde das sehr interessant. Im Sommer gibt es alte Handwerkermärkte, da werde ich mal gezielter schauen wenn ich jemand am Spinnrad sehe.
    Liebe Grüße, Brigitte

    1. Ich spinne auf einem moderen Spinnrad, das ist etwas komfortabler :-) Früher habe ich das Hobby intensiver betrieben, aber inzwischen ist das Fotografieren doch sehr zeitrauben geworden….

  4. Mich zieht es im Winter auch zu Strickzeug.
    An eine Haspelt erinnere ich mich noch aus der Kindheit. Wenn Gestricktes aufgerippelt wurde, wurde die Wolle dort draufgewickelt, zusammengebunden, gewaschen, dort gespannt und von dort wieder zu einem Knäuel gewickelt, um wieder verstrickt zu werden.
    Das Spinnen triggert mich echt an. Aber das muss wohl noch ein paar Jahre warten…

    1. Stricken ist gar nicht so meins. Meistens stricke ich nur Socken. Die kann ich quasi im Schlaf ohne hinzugucken und es geht schnell.
      Für mich hat das Spinnen auch was sehr meditatives.

Leider keine Anmerkung mehr möglich.