Ein Tag auf dem Wasser

Zunächst stand vorgestern unser Betriebsausflug auf dem Programm. Nach einem ca. 8km langen Spaziergang entlang der Aussenalster

Plaza Hotel am Dammtor, Fernsehturm und Hotel an der Fontenay (Suite ab 9.000 Euro pro Nacht
Die Blaue Moschee

zur Binnenalster, einem mittelprächtig schlechten Mittagessen (gut, dass auf der Karte stand, dass meine Penne in Gorgonzola-Sauce waren, geschmeckt hätte ich das nicht, der hat da allenfalls mal dran vorbei gehustet), ging es mit einem Alsterdampfer auf eine 2 stündige Kanalfahrt.

es hat gedauert, bis die Tretbootfahrer dem Alsterdampfer endlich Platz gemacht haben.. die konnten mit ihrem Gefährt nicht wirklch umgehen

Die war wirklich schön und in Teilen sogar informativ. Sowas macht man ja gerade als Einwohner*in dieser Stadt nicht allzu oft. Und insgesamt hat der Betriebsausflug das geleistet, was er sollte… nette Gespräche mit Kolleg*innen, die man nicht jeden Tag sieht (zu unserem Bereich gehören einige Fachbereiche, die nicht hier im Haus angesiedelt sind).

angeblich Hamburgs teuerste Adresse, der Rondeelteich

Nach der Alsterfahrt

Die Binnenalster mit Alsterfontäne

bin ich dann mit der Bahn zu den Landungsbrücken gefahren und habe mir die Wartezeit bis zur nächsten Schiffahrt mit einem Aperol bei strahlendem Sonnenschein mit Blick auf den Hafen versüßt. Der Gatte trudelte dann auch ein und wir gingen gemeinsam zu der kleinen Barkasse, die uns 2 Stunden über die Elbe schippern würde.

Kleine Zwischenbemerkung… ich habe an diesem Text geschrieben, während der Gatte diesmal schneller war als ich und ebenfalls was über unsere Hafenrundfahrt geschrieben hat. Kann ich ja nicht der ahnen, dass der Ostwestfale mal fixer ist als ich. Manches ist also zumindest für die doppelt, die bei uns beiden lesen. Dafür steuere ich jetzt wenigstens ein paar Bilder bei, auch wenn ich für meine Verhältnisse tatsächlich wenig photografiert habe.

Auch im Museumshafen ging es um Arbeits-und Lebensverhältnisse der Seeleute-früher. Hier die Peking und die Schaarhörn

„Fair übers Meer! Lebens- und Arbeitsbedingungen von Seeleuten aus aller Welt“

Unter diesem Motto stand die Hafenrundfahrt und wurde vorgestern nicht durch den Seemannspastor, sondern auch noch durch den Leiter der Seemannsmission „Duckdalben“ gestaltet. Die beiden sind schon sehr lange im „Geschäft“ und können sehr viel erzählen. Ich hätte ihnen noch stundenlang zuhören können.

Fast bei uns Zuhause-über diese Brücke fahre ich immer, wenn ich zur Arbeit fahre

Manches war wirklich erschreckend zu hören, was die Arbeits-und Lebensbedingungen derer angeht, die dafür sorgen, dass wir hier alles an Nahrungsmitteln und Konsumgüter haben, was wir meinen zu brauchen. Auf Kreuzfahrtschiffen sieht es übrigens ähnlich duster aus.

Hier liegt eines im Dock

Es war also keine touristische Hafenrundfahrt, sondern eine, die mit vielen Informationen gespickt war und zumindest mich ein bisschen hilflos zurück gelassen hat. Als Verbraucher kann man so rein gar nichts tun und auf politischer Ebene haben die keine Lobby, da gehen die Interessen von Reedern und Hafenwirtschaft vor.

Ich will das jetzt nicht alles hier wieder geben, aber nur mal so ein Beispiel: Die Besatzungen auf den Fischfangschiffen sind 2 Jahre im Einsatz, ohne Landgang, ohne Heimreise, ohne Urlaub.

Corona und hat die Lage vieler Seeleute massiv verschlechtert. Durch die zum Teil sehr schleppende Abfertigung in den Häfen liegen die Schiffe lange z.B. in der Deutschen Bucht, was dann wiederum bedeutet, dass die Seeleute nicht zu den vereinbarten Zeiten auf Heimaturlaub können. Und die Seeleute dürfen nicht von Bord, Mitarbeiter der Missionen auch nicht an Bord. Geimpft sind die wenigsten der Seeleute, weshalb der Duckdalben versucht, ein Impfangebot zu machen und vor allem dafür zu sorgen, dass die Seeleute davon auch Gebrauch machen können.

Die kleine Barkasse ist extra nah an die Container-Riesen gefahren, da hätte ich ein richtiges Weitwinkel-Objektiv gebraucht

Medizinische Versorgung findet zum Teil gar nicht statt, Arbeitszeiten von 90 Stunden/Woche (inkl. der Wochenenden) sind mehr als üblich. Ruhetage gibt es oft keine und Landgang auch kaum. Die Seemannsmissionen fahren immer häufiger zu den Schiffen hin, um so die Seeleute zu erreichen. Sie kümmern sich nicht nur im Handykarten, Hygienartikel u.ä., sondern helfen auch ganz praktisch wie z.B. damals, als Seeleute aus Kiribati in Hamburg gestrandet sind und monatelang wegen Corona nicht in ihre Heimat durften, weil ihr eigenes Land sie nicht reingelassen hat. Der Seemannspastor hat wenigstens erreicht, dass hier in der Jugendherberge wohnen konnten und hat unendlich verhandelt, bis die Leute endlich ausreisen konnten. Inzwischen finden sie keine Jobs mehr, weil kein Reeder sich das Theater mit dem Land Kiribati noch mal antun möchte.

Die meisten Seeleute kommen von den Philippinen und haben auch da keine Lobby, weil sie über Agenturen vermittelt werden, die auf Einhaltung der Internationalen Bestimmungen pfeifen, weil sie viel Geld damit verdienen.

Und weil diese Menschen nicht selten ganze Großfamilien ernähren, können sie sich auch schlecht wehren. Wer es dennoch tut, wird bedroht und gefeuert.

Erzählt haben die beiden vorgestern auch, dass man die Besatzungen der „Tanzschiffe“ (Kreuzfahrtschiffe) erst gar nicht mit im Blick hatte, bis man gewahr wurde, das auch auf diesen Schiffen auf die Einhaltung der Rechte der Seeleute geschissen wird.

Das ist nur ein kleiner Abriss der vielen Informationen, die wir vorgestern erhalten haben. Es gibt Bestrebungen und Initiativen, die sich für „fair übers Meer“ einsetzen, aber das ist ein langer und harter Weg. Als Verbraucher kann man da nix ausrichten, aber es schadet auch nichts, sich mal mit den Bedingungen derer zu befassen, die uns mit Waren aller Art versorgen oder unseren Urlaub möglich machen.

Die allermeisten Güter kommen per Schiff, auch wenn man nicht an der Küste wohnt. Aber gerade Hafenstädte wie Hamburg haben da eine Verantwortung, die die Stadt aber eher zögerlich übernimmt. Schließlich ist der Hafen ein wesentlicher Wirtschaftsfaktor in dieser Stadt. Es gibt zwar Kontrollen auf den Schiffen, man geht auch Hinweisen nach, aber die muss man ja auch erst mal bekommen.

Die Seemannsmissionen engagieren sich sehr vielschichtig für die Belange der Seeleute und dass sie das mit unglaublichem Engagement tun, war vorgestern zu spüren. Und so bekommen sie dann Einträge in ihre Gästebücher wie diesen hier: Der Duckdalben ist ein Ort, wo man als Seefahrer seine Würde zurück erhält.

Die Fahrt endete dann dort, wo sie begann, an den Landungsbrücken

In der MItte die sog. Tanzenden Türme. Den Namen versteht man besser, wenn man die Gebäude aus einer anderen Perspektive sieht

Uns hat diese Hafenrundfahrt tief bewegt, auch wenn wir sie nicht zum ersten Mal gemacht haben. Und meine Konsequenz ist zumindest, dass ich nun Mitglied im Duckdalben bin. Erst mal heißt es nicht mehr, als das die Geld von mir oder uns bekommen, aber da kann ja noch mehr draus werden.

Das historische Feuerschiff-heute Hotel und Restaurant

Heute bleiben wir wohl Zuhause… ich habe letzte Nacht mehrfach mehr oder weniger senkrecht im Bett gestanden, weil es derartig laut gewittert hat und gerade lese ich in der Mopo, dass bei unseren Freunden am Deich das Nachbarhaus abgebrannt ist, weil dort der Blitz ins Reetdach eingeschlagen ist. Ich hoffe, den Freunden ist nix passiert, noch habe ich sie nicht erreichen können, aber wie ich die beiden kenne, kümmern sie sich jetzt erst mal um die betroffenen Nachbarn.

Der Regen ist ja mehr als willkommen und es hat ordentlich geschüttet und es regnet auch immer noch, aber Blitzeinschlag ist dann doch mehr als überflüssig. Gestern war es noch richtig schön und auch heiß. Ich war noch nach den Eichhörnchen gucken, es war aber keines Zuhause und Eisi habe ich zwar gesehen, aber kein Bild machen können, welches sich lohnt zu zeigen.

17 Anmerkungen zu “Ein Tag auf dem Wasser

  1. Kein Wunder, dass ich schneller war.
    Nicht nur, dass ich keine Bilder bearbeiten musste, sondern auch, dass ich ja deutlich weniger geschrieben habe als Du..
    Aber gut, dass Du mein Geschreibsel noch ergänzt… :good:

  2. Wahrscheinlich verliert man bei solchen Berichten auch die Lust am Fotografieren, könnte ich mir vorstellen. Ich habe ja schon bei Wilhelm geschrieben, dass das definitiv Sklavenarbeit gleicht, ähnlich wie in Schlachthöfen hier oder beim Bau der Fußballstadien in Katar (obwohl der „Kaiser“ Beckenbauer ja keine Sklaven dort gesehen hätte – bin ich froh, dass mir Fußball am Allerwertesten vorbeigeht). Diese Beispiele werden immerhin immer mal wieder Thema, während ich über die Arbeitsbedingungen der Seeleute vorher nie etwas gehört habe.
    Liebe Grüße,
    Elvira

    1. Die Lust ist mir nicht direkt vergangen, aber ich habe doch auch sehr konzentriert zugehört. Ich habe vieles davon schon mal gehört, aber auch wieder vergessen und manches war eben auch neu. Interessant und auch erschreckend fand ich z.B. wie es mit den Seeleuten aus Kiribati weiter gegangen ist. Denen ist jetzt die Lebensgrundlage und das soziale Ansehen in ihrer Gesellschaft entzogen. Aber es ist eben auch interessant, welche Bemühungen es gibt, die Situation der Menschen zu verbessern.

  3. Gestern war es brutal heiß, heute gleich mal 20 Grad weniger am Morgen.
    Schön war ein Abend im Kühlen Biergarten :-)

  4. Liebe Momo,

    Erinnerungen kommen da an unserem letzten Hamburgbesuch mit Rundfahrt hoch. Gefühlt schon viel zu lange her.

    LG Bernhard

  5. Ich glaube, wenn wir aus allen Teilen der Welt wüssten, wie dort Menschen um ihre Rechte betrogen werden, könnten wir kein Auge mehr zu machen, weil wir so beunruhigt wären über die Ungerechtigkeit in der Welt.
    Ich dachte immer, JEDES Haus mit Reetdach hat einen eigenen Blitzableiter, damit so etwas eben nicht passieren kann. – Und diese Dächer sind ja richtig teuer.
    Diese Hafenrundfahrt stelle ich mir mehr als interessant vor.

    1. Vieles wissen wir ja. Das die Textilarbeiter*innen in Bangladesh und anderswo ausgebeutet werden, dass z.B. Kakao vielfach von Kindern geerntet wird, dass die Menschen unter elenden Umständen z.B. seltene Erden und andere Bodenschätze fördern. Das Menschen ungeschützt Pestizide versprühen müssen, ungeschützt in giftiger Farbe rumlaufen müssen, damit wir schwarze Klamotten haben usw.
      Wir können sicherlich nicht überall was tun, aber ein bisschen Bewusstsein dafür zu haben und manches dann auch einfach mal nicht zu kaufen, kann man ja schon.
      Diese Hafenrundfahrt ist wirklich sehr interessant. Nicht umsonst habe ich sie schon zum 3. Mal, Martin zum 2. Mal gemacht

      Nicht immer reicht ein Blitzableiter. Unseren Freunden und auch den betroffenen Nachbarn jedenfalls geht es gut. Es ist kein Mensch zu Schaden gekommen. Ihr Haus steht direkt neben dem abgebrannten.

      1. Natürlich hast du Recht, dass man solche Sachen nicht kaufen soll oder sollte. Aber leider gibt es eben auch in Deutschland ziemlich viele Leute, die so um das Existenzminimum herum leben – die sind in gewisser Weise darauf angewiesen, für sich und ihre Kinder ganz billige Sachen zu kaufen, damit sie z.B. jetzt in solchen Krisenzeiten wenigstens genug Lebensmittel kaufen können. Die Preissteigerung sind wirklich gewaltig. – Da ich ja immer noch suppig ernährt werde, kaufe ich verschiedene Sorten, die bis vor 3 Wochen noch 2,39 € gekostet haben. Jetzt sind sie auf 2,99 € angestiegen, das ist weitaus mehr als die genannte Inflationsrate, nämlich mehr als 50 % Teuerungsrate.
        Gruß an dich

        1. Das ist mir natürlich bewusst, dass es viele Menschen gibt, die auf günstige Angebote angwiesen sind. Aber es gibt eben auch viele, die sich schlicht keine Gedanken machen und zu Primark rennen, um einfach zu konsumieren oder immer das neueste Handy brauchen, den neuesten Fernseher und die aktuellen Modetrends dürfen natürlich auch nicht vernachlässigt werden. Irgendwann wird das eh nicht mehr gehen, weil die Erde dann kaputt ist.

    2. Ich habe gerade im Hamburg Journal erfahren, dass der Blitz nicht ins Haus, sondern in einen Baum eingeschlagen ist und das Feuer vom Baum auf das Haus übergegriffen hat.

  6. Mit den billigen Klamotten ist das so eine Sache. Es lassen ja längst nicht nur die Billigfirmen ihre Sachen in Bangladesch oder sonstwo nähen. Und wenn ich dann weiss, dass zB Bo.ss oder
    Ar.mani auch dort genauso billig nähen lassen und die Sachen für horrendes Geld verkaufen dann schwillt mir der Kamm. Die Näherinnen bekommen von diesen Firmen auch keinen höheren Ich trage sehr viel schwarz, aber meine Klamotten auch so lange bis sie auseinander fallen..

    1. Da hast Du ganz sicher Recht. Es sind nicht nur die Billigheimer, die in Bangladesh ausbeuten. Überhaupt ist es gerade bei Klamotten nicht einfach, wenn man auf vernünftige Produktion achten will. Ich kaufe mittlerweile gerne bei einem Hamburger Label, die auch in Hamburg färben, aber frag nicht, was die Klotten kosten. Schwarz trage ich so gut wie gar nicht, aber einfach, weil ich es gerne farbig habe.

Leider keine Anmerkung mehr möglich.