Die Zärtlichkeiten des Alltags

Das ging mir gestern so durch den Kopf, als ich im Bio-Supermarkt noch ein paar Zutaten für den Stollen eingekauft habe. Da griff ich auch noch zum Heringssalat im Glas, von dem ich weiß, dass der Gatte ihn so gerne isst.

Ja, tatsächlich empfinde ich sowas als kleine Zärtlichkeiten des Alltags. So wie er neulich vom Einkaufen zurück kam und meinte „ich habe Dir Dein Bio-Corned-Beef“ mitgebracht. Es stand nicht auf dem Einkaufszettel, er hat einfach so dran gedacht.

Albern? Finde ich nicht. Das sind so die Vertrautheiten im Alltag. Der eine macht dem anderen eine kleine Freude. Nix Großes, aber es zeigt doch, dass wir aneinander denken. Oder wie neulich, als ich aus dem Büro kam und hier ein neuer Blitz für mich lag. Wir zahlen alles von einem gemeinsamen Konto, Geschenke muss niemand von seinem nicht vorhandenen Taschengeld abzwacken und trotzdem machen sie Freude.

Einmal hat mir das dann doch etwas Probleme bereitet. Wir schenken uns normalerweise nix zum Geburtstag und nix zu Weihnachten. Vor ein paar Jahren wollte ich dem Gatten dann aber eine D500 zum Geburtstag (Wunsch danach und Datum passten zusammen) schenken und musste überlegen, wie ich das mache, damit er die Zahlung nicht sieht. Dank Pay Pal Zahlung in 30 Tagen konnte ich die aber lange genug „verbergen“, so dass die Überraschung zum Geburtstag dann doch gelungen ist.

Wir leben ja nun schon 16 Jahre zusammen, aber eben nicht nebeneinander her. Wir haben unsere kleinen festen Rituale, ziehen uns gelegentlich gegenseitig mit unseren jeweiligen Spleens auf, die aber eben auch dazu gehören.

Und ich backe eben auch Stollen, obwohl ich ihn selber überhaupt nicht mag. Ich mag keinen Hefeteig, keine Rosinen und kein Orangeat und kein Zitronat, also rein gar nichts, was einen Stollen ausmacht. Macht aber nix, es reicht ja, wenn mein Altargeschenk ihn gerne isst und es ihn freut, wenn der selbst gebacken auf den Tisch komme.

Auch nach 16 Jahren sind uns diese kleine Aufmerksamkeiten nicht abhanden gekommen. Wir kennen unser Vorlieben und Abneigungen und nehmen meistens auf sie Rücksicht. Nicht immer passt das zusammen, aber meistens kriegen wir das hin.

Es geht dabei ja nicht um Heringssalat oder Corned Beef, sondern darum, dass wir aneinander denken und das das tägliche Miteinander nicht ein gleichgültiges Nebeneinander ist.

Schön, dass es so ist.

Tja, wenn ich mal keine Gelegenheit zum Fotografieren habe, so wie gestern, dann gehen mir halt auch mal solche Gedanken durch den Kopf.

39 Anmerkungen zu “Die Zärtlichkeiten des Alltags

  1. Diese Liebeserklärung hast du ganz wunderbar formuliert und geschrieben. Bei uns ist es ganz ähnlich.
    Anlässlich unserer 25-Jahr-Feier am vergangenen Samstag hatte ich eine kleine Rede vorbereitet, u.a. natürlich mit den Fakten. Aber ich wollte auch ein paar persönliche Dinge mit anbringen, ähnlich denen, die du erwähnt hast. Das konnte ich nicht auswendig, ich fand dafür keine Worte. Ich habe es trotzdem gemacht, einfach aus dem Gefühl heraus was gesagt, wie es bei uns zu Hause ist. Am Ende der kleinen Rede lagen Bernd und ich uns mit Tränen in den Augen in den Armen. Sowas nennt man wohl Liebe.

  2. Ja, es ist gut, dass es so ist :heart:
    Es sind vor allem „die kleinen Dinge nebenher“, die für mich dabei die grösste Freude sind, weil sie mir zeigen, dass wir ein „zusammen“ leben und kein „nebeneinander“ .
    Schon, weil sie funktionieren, ohne dass wir uns darüber absprechen oder darum bitten müssen.

    Und es gehören auch noch andere Dinge dazu, die mir ebenfalls wichtig sind:
    Unsere Aufgabenverteilung etwa, die sich ganz von selbst ergeben hat und bei der wir uns inzwischen vollständig ergänzen: Du machst das, was ich nicht gerne mache oder nicht gut kann – und umgekehrt:
    Ich mag nicht gerne Staubsaugen oder Fensterputzen, mache aber für mein Leben gerne die Betten und räume genauso gerne die Küche auf, auch wenn Du gekocht hast ….
    Du kannst keine Batterie in einen Roller einbauen, hast aber ein grünes Händchen auf dem Balkon und denkst auch ans Blumengiessen usw.usw.

    Und ich finde : genauso soll es sein.
    Denn das ist die beste Voraussetzung, um es auch noch gemeinsam bis zur goldenen Hochzeit zu schaffen… :rose:

    1. Ich kann auch keine Rechner neu aufsetzen, kriege kaum einen Nagel in die Wand, aber dafür kann ich warme Socken stricken und Stollen backen. Wobei Du das wohl auch hinkriegen würdest. So allmählich hast Du mich ja meiner exklusiven Küchenkünste beraubt, wenn Du jetzt schon das Ossobucco kochst B-)

  3. Das kann ich so was von nachvollziehen, bei uns ist es nach inzwischen schon 28 Jahren auch immer noch so, dass wir uns fast täglich mit kleinen Dingen überraschen, sei es ein spontanes Mitbringsel, eine Leckerei aus der Küche, eine kleine Nachricht oder eine spontan erledigte Veränderung im Haus oder Garten, die der andere von uns als „Plan für irgendwann mal“ vorgeschlagen hat.

    Und ja, auch die Aufgabenverteilung ist wie bei Euch: das was der eine am wenigsten gern macht, übernimmt der andere.

    Wir verbringen ja auch viel Zeit allein zu zweit und uns wird trotzdem nie langweilig.

  4. Die kleinen Liebesweise im Alltag sind etwas ganz wichtiges und selber kenne ich diese Gesten auch und schätze sie sehr. Macht den Tag nochmal so schön, auch nach fast einem halben Jahrhundert Ehe :yes:

      1. Das glaube ich Dir sofort. Man mag ja immer nicht wirklich daran denken. Ich kenne noch jemanden, die plötzlich und völlig unerwartet viel zu früh Witwe geworden ist. Zu früh ist es vermutlich irgendwie immer, egal, wie alt man ist.

  5. Schön, dass es so ist. Schön, dass es so ist. Schön, dass es so ist. Schön, dass es so ist.
    Das könnte ich jetzt noch die ganze Seite voll schreiben.
    Gerade im Restaurant oder ähnlichen Gelegenheiten beobachte ich, dass sich Paare gegenüber sitzen, die kaum ein Wort miteinander sprechen, was über die Bestellung des Essens hinausgeht.
    Ansonsten hängen beide über ihren Handys. Schrrrrrrrrrrrrrrrrecklich!

    1. Gut, man hat sich sicherlich nicht ununterbrochen was zu erzählen, man kann sich auch mal anschweigen, ohne dass das unangenehm ist. Aber wenn wir in ein Restaurant gehen, liegt definitiv kein Handy auf dem Tisch, auch nicht beim Essen zu Hause.

    1. Das ist schade. Für mich macht auch das eine Partnerschaft aus. Wir beide hier haben uns quasi nicht gesucht und doch gefunden ;-) Vor gut 16 Jahren habe ich den Kerl aus Bielefeld nach Hamburg abgeschleppt :yahoo:

  6. Ich finde es sehr schön, wenn man solche Dinge erlebt. Ich weiß nicht, woran es liegt, wenn manche Menschen so und andere anders sind. Bei uns ist es eher kompliziert. Wir sind seit seid über fünfzig Jahren zusammen und machen doch sehr viel getrennt. Durch meine Praxis und die Firma meines Mannes (früher) hatten wir schon immer eigene Konten. Das hat sich auch später nie mehr geändert. Ist aber auch kein Problem. Aber spontane Geschenke gibt es vielleicht dadurch so gut wie nie, weil sich ja jeder alles selbst kaufen kann. Ist aber auch Mentalitätssache. Ich bringe schon eher mal was für ihn mit. Aber meine Blumen muss ich mir selbst kaufen. Ich habe sehr lange gebraucht, damit klar zu kommen, weil frau eben doch mit gewissen Erwartungen durchs Leben geht.
    Liebe Grüße – Elke

    1. Zur Ehrenrettung Deines Mannes:
      Mit dem Blumenkaufen hab ich es aber auch nicht so.
      Aber ich glaube, dass nimmt meine Liebste mir inzwischen auch nicht mehr übel …

    2. Geschenke im eigentlichen Sinn gibt es ja bei uns auch nicht, weil alles aus einem Topf geht, Und meistens kaufen wir die Dinge, wenn sie gebraucht oder gewünscht werden, unabhängig von Daten im Kalender.
      Bedingt durch Wilhelms Behinderung machen wir inzwischen auch öfter mal was getrennt, aber es ist uns schon auch wichtig, immer mal wieder was gemeinsam zu machen.
      Ich glaube auch, es kommt nicht unbedingt auf möglichst viele gemeinsame Unternehmungen an, wichtig ist ja, das man sich nicht entfremdet und sich nichts mehr zu sagen hat oder, wie Hans-Georg oben geschrieben hat, dass man nur zusammen bleibt, weil man nicht alleine sein will. Das wäre für mich ein Greuel.
      Blumen kaufe ich mir übrigens auch meistens selber ;-)

      1. Da bin ich ja beruhigt ;-) Nein, es ist einfach so, dass Menschen nun mal verschieden ticken. Man muss lernen, damit umzugehen und unterscheiden können, wie es gemeint ist. Ich selbst vermute bei mir manchmal leicht autistische Züge, weil ich meistens geradeheraus sage, was ich denke, und damit immer wieder Menschen vor den Kopf stoße, obwohl ich das gar nicht möchte. Dieses Friede-Freude-Eierkuchen Gedöns, das man auch immer wieder in den Kommentaren findet, ist so überhaupt nicht meins.

        1. „Dieses Friede-Freude-Eierkuchen Gedöns, das man auch immer wieder in den Kommentaren findet, ist so überhaupt nicht meins.“

          Mit dem Satz sprichst Du mir wirklich aus der Seele :good:

        2. Meins auch nicht. Bringt einen ja auch nicht weiter, wenn man sich immer nur gegenseitig den Kopf tätschelt.
          Hier fliegen auch schon mal die Fetzen.

  7. Hallo Birte,

    und gerade dieses alltäglich „an einander denken“ macht doch eine richtige Partnerschaft erst aus.
    Bei uns war das auch so. Und es war gut so.

    Ich wünsche euch noch viele gegenseitige Überraschungen.
    Liebe Grüße
    Trude

  8. Nach 54 Jahren entdecke ich immer wieder mal neue Züge bei meinem Mann, sie können mich erstaunen aber auch ärgern. Bei uns lief es auch darin hinaus, den anderen nicht einzuschränken, wir sind auch oft alleine unterwegs gewesen, das hat uns nie getrennt. Im Alter wird man gelassener, soviel ändern kann man am Partner sowieso nicht mehr, warum streiten. Was den Friede, Freude, Eierkuchen angeht, den habe ich gebacken und gemeinsam verspeist. :bye:
    Lieber Gruß
    Edith

    1. Es geht ja auch nicht darum, den anderen zu ändern. Aber es gibt hier schon auch mal ordentlich Krach. Finde ich aber okay. Danach ist ja wieder Friede, Freude, Eierkuchen, die es hier nach Ansicht des Gatten eh viel zu selten gibt. Ich esse den nur selten mal gerne :-)

      Ich habe übrigens mal Deinen Link korrigiert, so daß man jetzt auch auf Deiner Seite landet ;-)
      Liebe Grüße zurück!

  9. Viel zu ergänzen gibt es hier wohl nicht mehr.
    Auch bei uns gibt es diese „kleinen“ Liebesbeweise. Ohne die möchte ich auch nicht leben. Dazu gehören für mich auch gegenseitige Achtung und Wertschätzung, die sich eben auf ganz verschiedene Weise zum Ausdruck bringen lassen.
    Miteinander zu leben, weil man nicht allein leben möchte, wäre mir eigentlich nicht genug. Ich kann es aber gut verstehen, wenn Menschen auf dieser Grundlage zusammen leben. Allerdings kann ich mit eine nebeneinanderher Leben nicht vorstellen.

    1. Verstehen kann ich das schon auch, wenn man sich nicht trennt, weil es zu zweit dann doch irgendwie besser ist als alleine. Nicht selten mögen auch finanzielle Aspekte dabei eine Rolle spielen. Mir wäre das aber auch nicht genug. Dafür hocken wir uns dann zu dicht auf der Pelle und verbringen viel Zeit miteinander.
      Gegenseitige Achtung und Wertschätzung versteht sich für mich von selbst. Genauso aber auch mal konstruktive Auseinandersetzungen.

      1. „Gegenseitige Achtung und Wertschätzung versteht sich für mich von selbst.“ In der Tat. Nur leider ist das dann doch nicht bei allen so… Konstruktive Auseinandersetzungen gehen (aus meiner Sicht) nicht ohne gegenseitige Achtung und Wertschätzung.

Leider keine Anmerkung mehr möglich.