Und das Leben steht ja trotzdem nicht still

Es geht halt weiter, in all seiner vermeintlichen Banalität. Es ist halt unser Leben, das weiter geht, auch wenn es plötzlich sehr nahe scheint, dass es nicht so weiter geht, wie bisher. Dieser Krieg erschüttert anders als all die Kriege, mit denen wir leben. Im Jemen, in Syrien, um nur zwei Beispiele zu nennen. Das sind seit Jahren eine unglaubliche Tragödien, an die wir uns scheinbar gewöhnt haben. Ist halt nicht Europa.

Wir haben gestern einen Betrag an mission lifline überwiesen, die jetzt denen helfen, die mit nichts Hals über Kopf flüchten mussten und nur wenig in der Kürze der Zeit zusammenraffen konnten. Da sind vierköpfige Familien mit zwei Köfferchen über die Grenze nach Polen gelaufen. Es hat die Menschen auch in der Wucht der Ereignisse schlicht überrascht.

Auch Ärzte ohne Grenzen sind aktiv und brauchen Spenden. Da spenden wir aber eh schon per monatlichem Dauerauftrag.

Wenn wir schon sonst nix tun können, können wir wenigstens so versuchen, ein bisschen zu helfen. Mission lifeline hat bereits den ersten Konvoi losgeschickt.

Ich war schon gestern einkaufen, weil ich mir heute den Tag freihalten wollte für einen vielleicht größeren Ausflug angesichts der Wettervorhersage. Selbst im Hofladen war gedrückte Stimmung und beim Käsekauf habe ich mich mit der Verkäuferin unterhalten, die auch Mühe hatte, den ganzen Tag lieb und nett zu lächeln.

In Hamburg gab es gestern eine Demo, aber das habe ich viel zu spät mitbekommen. Immerhin 4.500 Menschen waren versammelt. Friday for future hat seine Demo abgesagt und statt dessen zu einer Friedensdemo aufgerufen.

Ich habe auf dem Weg zum und vom Hofladen ein bisschen nach Photomotiven Ausschau gehalten. Für mich immer ein guter Weg, mal kurz abzuschalten.

Herr Storch war leider gestern nicht Zuhause, dafür habe ich aber Kraniche entdeckt

In stiller Eintracht mit Rehen und Gänsen

Und über meinen Kopf flog ein Reiher.

Ich habe auch einen Greifvogel und einen Fasan gesehen, aber die wollten sich partout nicht von mir knipsen lassen.

Herr Hein guckt gnatzig, weil ihn höflich gebeten habe, vom Balkon zu kommen. Für Dauerlüften ist es doch noch zu kalt

So richtig gute Laune hat wohl niemand gerade. Trotzdem war ich froh über etwas Ablenkung beim Fotografieren, auch wenn das Wetter gestern zwischen Sonnenschein und Wolkengüssen wechselte.

Auch wenn es Putin kaum jucken wird, aber Russland ist raus aus dem ESC, die Formel 1 hat eine Rennen in Sotchi abgesagt, ein Fußballspiel wurde nach Paris verlegt und die Telekom verzichtet auf Gebühren für Telefonate und SMS in die Ukraine.

So wie es aussieht, ist es doch wohl kein schneller Spaziergang für Putin. Die Ukraine ist wehrhafter als gedacht und zumindest Kiew bleibt weiter hart umkämpft. Was aber sicherlich auch heißt, dass es auf beiden Seiten Tote gibt, viele Tote, sinnlose Tote geopfert für die Allmachtsphantasien eines durchgeknallten Despoten.

Es ist sicherlich auch eine Form von Luxus, dass wir uns überlegen, wie wir uns ablenken können, was wir machen können, um der Seele etwas Gutes zu tun. Andererseits ist auch niemandem geholfen, wenn wir in eine Schockstarre verfallen. Dann lieber die Kräfte auffrischen. Vielleicht werden sie noch gebraucht. Vielleicht gibt es auch hier bald zu tun, so wie 2015, als wir auch geholfen haben, als die Flüchtlinge zu uns auf die Insel kamen.

Ich finde es gerade nicht ganz einfach, das eigene Gedanken-und Gefühlschaos zu ordnen. Und ich erwische mich dabei, wie ich mich anfange zu rechtfertigen, weil wir überlegen, ob wir heute einen schönen und endlich mal wieder gemeinsamen Ausflug machen wollen, uns Gedanken darüber machen, was am Wochenende auf den Tisch kommt und und und…

Und ich weiß auch nicht, was ich davon halten soll, dass jetzt bei uns darüber geredet wird, dass die Bundeswehr aufgerüstet werden muss (auch wenn sie tatsächlich in einem desolaten Zustand ist). Geht es jetzt wieder los, das Wettrüsten? Auch wenn es aktuell um warme Unterbuxen und Jacken geht, die es nicht mal gibt.

Und da ist immer noch die Angst, dass die russische Armee Tschernobyl „öffnet“ , sprich so beschädigt, dass die atomare Wolke freigesetzt wird. Was das heißt, wissen die meisten von uns ja wohl noch.

Ich schmeiße jetzt erst mal den Gatten aus den Federn und dann geht es vermutlich Richtung Storchendorf und dann vielleicht mit der Elbfähre rüber ins Alte Land. Wenn man denn durch die Stadt kommt

Diese Idioten haben tatsächlich für heute wieder mehrere Demos angemeldet.

Und noch überlege ich, ob ich mich Morgen auf den Weg nach Berlin mache.

Es ist kein Krieg „der“ Russen gegen die Ukraine, wie nicht nur die Proteste zeigen. Auch dieser Tennisspieler zeigt es:

Zum Schluss noch ein Kommentar aus der Zeit: Solidarität mit der Ukraine! Aber nur, wenn sie nicht allzu viel kostet. Lesenswert, wie ich finde.

26 Anmerkungen zu “Und das Leben steht ja trotzdem nicht still

    1. Die habe ich nicht gesehen. Ich gucke keine dieser ganzen Polit-Talk-Shows. Aber hier läuft die ZDF Sonderberichterstattung oder auch Tagesschau 24, Phoenix. Aber heute will ich mal raus. Die Sonne scheint und ich muss mal auf andere Gedanken kommen

    2. Ganz ehrlich:

      Mir ist schon das übliche Nachrichtengewitter fast zuviel, in dem den ganzen Tag über das „Problem“ wieder und wieder von allen Seiten beleuchtet wird, alle möglichen Horrorszenarien ins Spiel gebracht werden und doch keine konkrete Lösung am Ende steht.
      Warum sollte ich mir dann noch einen Polittalk angucken, der in keiner Weise konstruktiv ist und ausser der Betroffenheit und den teils kruden Spekulationen der Talkenden nichts konstruktives beiträgt?

      Insofern mache ich um Talkshows jetzt noch eine grösseren Bogen als üblicherweise schon genauso wie um alle möglichen Sondersendungen und insbesondere um Newsschleudern wie NTV&Co, denen es ohnehin nur auf die grösst mögliche Sensation ankommt.

      Und trotzdem bin ich sicher nicht schlechter informiert, obwohl ich meine Informationen „nur“ aus den Onlineseiten der grossen Printmedien ziehe….

      1. Da ticken wir halt anders. Ich gucke auch nicht NTV&Co, sondern ZDF, Phoenix und Tagesschau 24. Polittalkshows gucke ich eh nie.
        Nebenbei lese ich aber auch in den von mir bevorzugten Printmedien.

        1. Da ticken wir halt anders.

          Insofern ist es gut, dass ich meine Rückzugsmöglichkeiten habe.
          Mir macht diese Dauergeschwafel nämlich nur ungute Gefühle, auch wenn es nicht von NTV kommt

        1. Nix für ungut, Gerhard.

          Natürlich war es nicht eine Absicht, Dir Talkshows in irgendeiner Weise madig zu machen.
          Es ist halt nur so, dass ich selbst mittlerweile ziemlich allergisch dagegen bin und mich ernsthaft frage, was diese Veranstaltungen zur Klärung von Sachverhalten beitragen.
          Mag sein, dass gelegentlich mal eine das wirklich leistet (wie etwa vor der Bundestagswahl), mein Eindruck ist allerdings, dass sie ansonsten für mich dafür in keiner Weise taugen, sondern eher einem Streit um Kaisers Bart gleichen…. zumal da in der Regel keine Fakten auf den Tisch kommen, sondern lediglich Meinungsäusserungen der Gäste, die auch noch durch ihre politische Einstellung gefärbt und gefiltert sind.

          Ich persönlich halte mich deshalb grundsätzlich lieber an Geschriebenes, was ich auch in anderen Quellen nachprüfen und – mich daran orientierend – selbst einordnen kann….

          Kurz und gut:
          Wir Menschen sind halt verschieden (zum Glück) und das gilt auch bei der Art und Weise, wie wir uns Informationen beschaffen….

          1. Ich will auch niemandem was madig machen. Die Geschmäcker sind ja zum Glück verschieden. Ich mag auch die ganzen Talker nicht, weder Lanz, noch Illner, noch Will. Da es diese Sendungen aber gibt, gibt es auch genug Leute, die sie gucken und das sollen sie auch gerne tun. Für mich ist das halt nix, aber das gilt für mich uns mitnichten allgemeingültig

          2. „Warum sollte ich mir dann noch einen Polittalk angucken, der in keiner Weise konstruktiv ist und ausser der Betroffenheit und den teils kruden Spekulationen der Talkenden nichts konstruktives beiträgt?“

            Gestern war es definitiv nicht so.
            Zwei Gäste machten mir Mut. Und darum ging es mir!!
            Mut zu schöpfen.
            Vielleicht steckte dieses Bedürfnis nicht deutlich in meinen kargen Worten, per phone und nachts, aber definitiv schöpfte ich gestern etwas Mut.

  1. Ich würde es nicht aufrüsten nennen, was für die Bundeswehr notwendig ist. Ich nenne es funktionstüchtig machen. Was nützt eine Bundeswehr, die nicht einsatzbereit ist, das ist eine Lachnummer, dann können wir sie gleich abschaffen. Als Abschreckung nützt so in diesem Zustand jedenfalls nicht. Insofern muss ich Mr. Trump ausnahmsweise mal recht geben. Er hat immer gefordert, dass wir den Militärhaushalt aufstocken müssen.

    1. Mit dem Wort „funktionstüchtig“ bin ich einverstanden, ohne wenn und aber.
      Fraglich nur, ob man nun vom kaputtsparen gleich ins andere Extrem fallen muss, zumal das in der aktuellen Situation ohnehin zu spät ist?

    2. Ich gebe Dir insofern Recht, als das die Beschaffung von warmer Unterwäsche sicherlich kein Aufrüsten ist. Aber dabei wird es nicht bleiben.

    1. Das ist schon ziemlich starker Tobak, was der gute Heinrich Schmitz da schreibt. Und doch hat er irgendwie recht. (auch wenn ich das nur ungere zugebe)

      Und trotzdem glaube ich immer noch, dass es richtig war, dass wir damals auf die Strasse gegangen sind, um gegen Aufrüstung zu demonstrieren. Denn es ist jeden Versuch wert, nach friedlichen Lösungen zu suchen, auch wenn drauf hauen manchmal einfacher wäre

      1. Ja, das ist starker Tobak. Er schlachtet quasi unsere damals heiligen Kühe. Und auch ich finde es immer noch richtig, dass wir uns damals für Frieden schaffen ohne Waffen eingesetzt haben.

  2. Deinen verlinkten Beitrag von der Zeit habe ich Wort für Wort gelesen – Tränen in den Augen hatte ich beim letzten Video, dass momentane Zustände in Kiew zeigt.
    Es ist alles so himmelschreiend, dennoch bin ich vollkommen verwirrt. – Zu meinem Blog äußere ich mich morgen, da ich bald aus dem Haus gehe und erst am späten Abend wieder zu Haus bin.
    Finanzielle Unterstützung – mein bevorzugtes Spendenportal ist „Aktion gegen den Hunger“, weil sich diese eben auch aktiv für Jemen und andere Kriegs-Brennpunkte einsetzen.
    Immer und immer wieder stelle ich fest: Es sind nicht die Menschen irgend eines Landes, die den Krieg WOLLEN, sie müssen ihn nur FÜHREN, wenn er ihnen befohlen wird.
    Und auch die Machthaber jetzt oder 1939 sind nicht allein – sie werden von der Industrie unter Druck gesetzt und von sehr vielen dubiosen Leuten unterstützt.
    Die Amerikaner haben ja mit dem Vietnamkrieg und dem Afghanistankrieg mindestens genau so viel Unheil angerichtet – ich weiß es nicht, damals war ich noch nicht „Westen“ – war da der Protest oder gar irgendwelche Sanktionen auch da und auch so groß wie jetzt.
    Ich hoffe, ich kann heute Nachmittag abschalten – ich brauche das dringend.
    Ganz liebe Grüße

    1. Ich wüsste nicht, wer Hitler oder Putin unter Druck gesetzt haben soll.
      Zumindest gegen den Vietnamkrieg hat es massenhafte und wahrlich große Proteste gegeben. Auch gegen den ersten Irakkrieg waren hier noch viele auf den Straßen.
      Wir haben eine Dauerspende an Ärzte ohne Grenzen schon seit Jahren laufen. Eben auch, weil die sich überall auf der Welt einsetzen. Auch in Ländern, die hier kaum vorkommen in den Nachrichten.
      Nein, es sind nicht die Menschen, die Krieg wollen. Jedenfalls sind die meisten dagegen. Und ob man selber so mutig wäre, den Dienst zu verweigern, weil man etwas für falsch hält, das weiß ich nicht. Es hat sie immer gegeben, die Mutigen

  3. Nachtrag: Die Kolumne von Heinrich Schmitz hat keine Tränen bei mir hervorgerufen, sondern heftiges Kopfnicken, an manchen Stellen auch Schmunzeln.
    Danke für diese beiden Sachen.

    1. Als ehemals sehr aktiv in der Friedensbewegung und für „Frieden schaffen ohne Waffen“, gegen den Nato-Doppelbeschluß und das atomare Wettrüsten, sind das schon bittere Erkenntnisse, wobei ich noch unentschieden bin, ob ich sie wirklich so teile.

  4. Ich muss mich leider eines Kommentars enthalten und erst meine Gedanken sortieren, was mir aber angesichts all dieser Schrecken deutlich schwer fällt.

  5. Mein Mann und ich hatten im Januar und Februar Geburtstag. Feiern konnten wir nicht, da einmal einer der Söhne fraglich positiv und beim zweiten Mal der jüngste Enkel richtig positiv getestet wurden (das fragliche Ergebnis war per PCR dann negativ). Heute konnten wir uns endlich alle treffen. Sechs Erwachsene und vier Kinder. Bei Kaffee, Tee und Kuchen, einigen Spielen und einem bayerischen Abendbrot geriet die Welt da draußen für einige Stunden (fast) in Vergessenheit. Nur bei einem Pantominespiel gab die neunjährige Enkelin den Oberbegriff Krieg an. Es beschäftigt die Kinder sehr und die Eltern sprechen natürlich ganz offen mit ihnen darüber. Dennoch war der Tag heute einer zum Durchatmen, eine willkommene Ablenkung. Morgen werde ich natürlich bei der Demo dabei sein!
    Liebe Grüße,
    Elvira

    1. Solche Momente sind einfach wichtig. Es ist ja auch niemandem geholfen, wenn wir alle am Stock gehen. Ich denke, es beschäftigt uns alle, jeden auf seine Weise und es ist legitim, das auch mal auszublenden. Das haben wir heute auch getan. Ich werde morgen dann doch nicht nach Berlin fahren. Ich packe das kräftemäßig einfach nicht, zumal ich mit An-und Abreise den ganzen Tag unterwegs wäre.

Leider keine Anmerkung mehr möglich.